I was dead, virtually

Gleich nachdem ich am Montag des Abends heimgekommen bin, bot sich mir ein Bild des Grauens: Meine Schwester gestand mir unter Tränen dass der unsrige/meinige Internetzugang nicht so funktionierte, wie er sollte.
Unwissend wie ich zu diesem Zeitpunkt noch war, rang mir das bestenfalls ein müdes, bemitleidendes Lächeln ab und schlenderte in meiner trotzigen Überheblichkeit zum Modem und dem dazugehörigen Zeugs. Fünfzehn Minuten später musste ich die erschreckende Wahrheit aber akzeptieren: Da hats was, und ich kann nix dagegen machen – die lustigen Lämpchen an der Vorderseite des Modems blinkten nicht so, wie sie sollten. Fatal.

Gleich als erstes am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrüh (~12:30) stürzte ich zum Telefon und rief die Telekom Hotline an, mit der ich schon zu ADSL-Einrichtungszeiten viel Spaß hatte. Überraschenderweise kam keine Warteschleife, sondern ich wurde gleich mit einem Herrn verbunden.
Einem total inkompetenten Herrn, dem ich unter anderem erklären musste, dass es ADSL-Modems geben soll, die grün/gelb/rote LED’s an der Vorderseite haben. Zum Glück erkannte er nach kurzweiligen fünf Minuten selbst seine Unfähigkeit und er verband mich weiter. Total falsch, so dass ich mich in einer nicht-ADSL-enabled Abteilung wieder fand. Jedoch eine glückliche Fügung, denn die Dame am anderen Ende der Leitung hatte eine mächtig sexy Stimme und einen dieser krassen Wiener Akzente, die man immer wieder gerne hört.
Als nächstes landete ich wieder bei einem Herrn, der zwar, soweit ich das beurteilen konnte, etwas kompetenter als andere Zeitgenossen war, jedoch unglaublich gelangweiligt. Nach weiteren zehn Minuten hatten wir aber gemeinsam das Problem soweit eingekreist, dass die lustigen Lämpchen an der Vorderseite des Modems nicht so blinkten, wie sie sollten; und nein, die Netzwerkkarte geht sicher, weil ich kann mich ja zum Modem hinverbinden; und ja, das Telefonkabel ist eingesteckt; und ja, das Modem hat Strom, weil sonst würde ja nix blinken; und nein, ich bin kein Vollidiot der den Unterschied zwischen Telefon- und Netzwerkkabel nicht kennt.
Mit fachlicher Brillanz stellte der gelangweiligte Herr fest, dass die Leitung nicht synchron war (was aber auch nicht so schwer zu erkennen war, da das besagte falsch blinkende Lämpchen die Aufschrift ‚Line Sync‘ trug). Doch meine Freude war verfrüht. Dem Herrn war mein Problem anscheinend nicht interessant genug und er schickte mich weiter, diesmal an die Telekom Störungstelle.

Leicht gereizt wählte ich die neue Nummer, verfluchte die Telekom und Alcatel und machte mich auf neue Abenteuer gefasst. Doch es kam alles anders als ich befürchtete: Eine nette Dame erklärte mir äußerst freundlich, dass Techniker mein Problem (über die Ferne) untersuchen müssten und ich zurückgerufen werden würde.
Und ich konnte meinen Augen nicht trauen, als ich eine halbe Stunde später tatsächlich zurückgerufen wurde; es war wieder die nette Dame von gerade eben und sie teilte mir mit, dass da wohl ein Techniker kommen müsste der sich das Problem aus der Nähe besehen würde. Und sie hätte einen Termin für Freitag, aber wenn mir das zu spät wäre, würde sie versuchen, noch früher einen zu bekommen. „Natürlich“, meinte ich und erhielt weitere dreißig Minuten später erneut einen Anruf, in dem es da hieß, dass morgen, also Mittwoch, jemand vorbeischauen würde.

Und er kam tatsächlich, sogar zur angegebenen Zeit. Und stellte nach fünfzehn Minuten fest, dass es da wirklich was hat. Und dass das Problem nicht bei mir liegt. So machte er sich wieder vom Acker, aber nicht ohne zwanzig Minuten später wieder vor der Tür zu stehen: Das Problem war klar, es lag in irgendsoeiner whatever Einwahlzentrale in St. Martin. Auf meine berechtigte Frage, warum es dann noch immer nicht gehe, bekam ich zu hören, dass er da nichts machen könne, da müsse jemand aus Linz kommen. Und das würde so etwa zwei Tage dauern.
OK, das verstehe ich, und er hat sich wirklich Mühe gegeben (so zumindest mein Eindruck). Mein Leben war ja auch richtig interessant und abwechslungsreich geworden in diesen offline Tagen. Und ich vermisste es (das Internet) auch nur an ganz kleines bisschen.

Und nun die ultimative Überaschung: Es funktioniert wieder. Supigst. Einen Tag zu früh.
Jetzt weiß ich gar nicht, was ich davon halten soll. Das alte Stereotyp der unfähigen Post ist weg, ich bin richtiggehend zufrieden mit ihnen (wenn man von der Telefon-Odysee absieht). Mein Leben ist wieder in die alten, langweiligen, sinnlosen Fußstapfen zurückgekehrt; meine Augen bluten wieder vom Notebookbildschirm und meine verkrampften Finger lassen sich wieder kaum bewegen – alles ist wieder normal, so wie es immer war.