Liebes Tagebuch!

Eigentlich hab ich mich ja mächtig gefreut auf die Osterferien, da diese eine Woche darstellen, die ich zubringen darf, ohne unter der Fuchtel des fiesen Projektleiters Schweighofer und seiner nicht minder gemeinen Stellvertreterin Mairhofer stehen zu müssen. Nur schaut es so aus, als ob daraus nichts wird.
Ich habe den Eindruck, dass ich verfolgt werde. Verfolgt von Spitzeln und Spionen des sadistischen Projektleiter-Diktators. Er will wohl sichergehen, dass ich meine Freizeit nur dem Projekt widme. Als ob das bei mir überhaupt notwendig wäre, mir ist so langweilig, dass ich mittlerweile nicht nur sämtliche Muss, Soll und Kann Bestimmungen umgesetzt habe, sondern mir noch selber Probleme ausgedacht und den Auftrag dementsprechend erweitert habe. So schafft es unsere Software mittlerweile, mit dem Benutzer über altenglische Literatur zu diskutieren, Schach zu spielen dass jeder Schachgroßmeister vor Neid erblassen würde und bringt mir außerdem jeden Morgen Frühstück und Zeitung ans Bett. Soviel aber nur nebenbei, liebes Tagebuch.
Wie gesagt, ich werde ständig überwacht. So habe ich heute Morgen in einer meiner blonden Locken ein Mikrofon entdeckt und hinter meinem Badezimmerspiegel, der, wie ich gar nicht wusste, von einer Seite durchsichtig ist, einen kleinen Raum mit Kamera und anderen überwachungstechnischen Geräten. Weiters steht seit Tagen dem Haus gegenüber ein Lieferwagen einer Kabelgesellschaft, und das obwohl alle Nachbarn Satellitenfernsehen empfangen. Wie auch anscheinend der Lieferwagen, weil auch er eine große Satellitenschüssel auf dem Dach hat. Seltsam, wenn du mich fragst, liebes Tagebuch.
Jedoch nicht so seltsam wie das Ereignis gestern, als ich versehentlich, nachdem ich mich auf die Fernbedienung gesetzt habe, plötzlich mein Wohnzimmer im Fernseher sah. Und mich (wie ich mit großen angsterfüllten Augen auf den Bildschirm starrte). Und aus mehreren Perspektiven. Und hochauflösend. Sehr Seltsam.