Projekttagebuch: Anderswo

Anscheinend ist nicht nur unser Projekt vollkommen seltsam und verkorkst. Nun, wir empfinden zumindest so etwas ähnliches wie kranke Achtung vor den psychischen Schäden des einen oder unverständlichen Neid auf die körperlichen Missbildungen des anderen. In anderen Teams geht es sogar noch schlimmer zu. Aber lass mich von vorne beginnen, liebes Tagebuch:

Heute bin ich eher zufällig in das Schwesternprojekt unserer restlichen Jahrgangskameradinnen und -kameraden geplatzt. Die Bilder, die sich da in mein Gehirn gebrannt haben, habe ich noch immer vor Augen:
Jedes der fünf Projektmitglieder saß hasserfüllt zusammengekauert so weit wie möglich weg von den andern. An der Wand und am Boden waren kleine rostbraune Flecken, die mich verdächtig an getrocknetes Blut erinnerten. Aus den Augen dieser Tiere, die der Beschreibung Projektmitglieder spotteten, loderte die blanke Mordlust. Kartusch, einst als Fürst der Finsternis mein Projektleiter, hat seine sadistischen Neigungen noch weiter ausgebaut. Wie ich ihn so sah, säuberte er eben in seiner Ecke eine uralte doppelläufige Muskete. Meine andere ehemalige Kameradin, Mayrhofer, jetzt angeblich Projektleiterin, hatte eine beeindruckende Anzahl an Messern und Skalpellen vor sich ausgebreitet; so manche Klinge war mit Blut besudelt. Programmierer Gottesheim feilte mit einer Holzraspel an seinen Zähnen und blickte zähnefletschend in Richtung seiner „Kollegin“ Hatzenbichler, die verrückt kichernd auf ihrem Stuhl vor und zurück wippte, während sie eine stark blutende Bisswunde am Arm mit einer Socke zu verbinden suchte. Und die fünfte im „Team“, Gruber, hockte wie eine Wildkatze in ihrer Ecke und fauchte mich bösartig an, während sie mit ihren langen Krallen Gottesheim auf Distanz hielt, dessen Zähne anscheinend schon wieder spitz genug waren.
Und in der Mitte des Raumes stand verloren ein Projektbetreuer Hauer, der zwar redlich, aber absolut erfolglos versuchte, sein Team zu so etwas wie Arbeit zu motivieren. Als er mich erblickte, schaute er mich aus großen traurigen Augen an und streckte mir hilfe- und schutzsuchend seine Hände entgegen.
Aber da war ich diesem Albtraum auch schon wieder entflohen und machte mich frohgemut auf in mein eigenes, normales, glückliches Projekt.

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