Meine Bierdiskussionsrunde

Etwas verspätet (heute vor einer Woche schon fand das Ereignis statt) folgt nun endlich die Beschreibung der Bierdiskussionsrunde, an der ich im Zuge meines Bierforschungsprojekts teilgenommen habe.

Zusammen mit St., der löblicherweise ebenfalls seinen Beitrag zur Bierforschung erbrachte, machte ich mich so gegen 17:30 zum Don-Bosco-Haus in der Beethovenstraße auf – offensichtlich handelt es sich dabei um eine Art Schülerheim. Wir waren mäßig nervös, wussten wir doch nicht, was uns dort erwarten sollte; alle möglichen Befürchtungen (Verkaufsveranstaltung? Sekte? Atemberaubend schöne Lesbierinnen, die bekehrt werden wollen?) spukten in unseren Köpfen. Im Don-Bosco-Haus wurden wir von einer blonden Dame, die wohl etwa gute 30 Jahre gezählt haben wird, begrüßt. Unseren flinken Blicken entging natürlich nicht, dass nirgendwo auch nur ein Anzeichen von Bier, weder am Buffet (die erwarteten belegten Brote waren vorhanden) noch auf dem großen Tisch in der Mitte des Raumes zu sehen war – die Wahrscheinlichkeit einer Bierverkostung rutschte damit also auf 0.

Zusammen mit St. und mir waren etwa zehn Männer im Alter zwischen 20 und 40 anwesend, die sich um die vorbereiteten Plätze am Tisch verteilten. Argwöhnisch erspähte ich eine Filmkamera und suchte mir den Platz, an dem ich der Videoaufzeichnung wohl am ehesten entgehen könnte (noch wusste ich ja nicht, was da auf mich zukam). Nach der kurzen Vorstellungsrunde war klar: Vom arbeitslosen Koch über Studenten bis zum Möchtegern-Businessman war alles vorhanden. Neben mir kamen zufällig zwei andere Informatiker zu sitzen, mit denen ich, wie könnte es anders sein, in den folgenden Diskussionen stets einer Meinung war.

Apropos: Die Gesprächsrunde begann genau so, wie es die Tagebücher befürchten ließen – homosexuell angehauchte Fragen über Lebensfreude und Lebenslust. Trotzdem war das Gesprächsklima ganz angenehm – die Psychologin (denn darum wird es sich bei der blonden Leiterin wohl gehandelt haben) stellte Fragen, die je nach Lust und Laune von demjenigen beantwortet wurden, der sich gerade dazu berufen fühlte. Zu den Fragen ("Was ist für Sie Lebensfreude?") kamen später auch noch Fotos ("Welches Foto verbinden Sie am meisten mit Lebensfreude?").

Als jeder Aspekt über Lebensfreude X-mal durchgekaut war, rückte die Blonde endlich mit den Fakten heraus: Wir wären hier, um über Zipfer-Bier zu reden – "Verbinden Sie Zipfer mit Lebensfreude oder mit Modernität?" "Wie schaut der klassische Zipfer-Trinker aus?" Wenig überraschend fiel Zipfer-Bier im Bereich Lebensfreude bei allen Anwesenden durch, die aktuellen Zipfer-Werbungen erhielten durchwegs schlechte Kritiken und der klassische Zipfer-Trinker wurde von uns mit Wampe, Oberlippenbart und stockkonservativen Ansichten ausgestattet. Dabei hatten wir aber gar nichts gegen Zipfer (so schlecht ist es ja nicht), aber mit Lebensfreude oder Modernität hat es nun mal gar nichts am Hut. Unser Fazit war: Schuster, bleib bei deinen Leisten (also den bisherigen Zielgruppen) und versuch nicht, dich krampfhaft in neue Marktbereiche drängen.

Das war eigentlich der gesamte Inhalt der Diskussionsrunde; nach nicht einmal zwei Stunden wurde uns ein versiegelter Umschlag mit dem uns versprochenen Honorar überreicht, ich schnappte mir noch eine Handvoll Brote vom Buffet und schlenderte mit St., zufrieden ob des akzeptabel angenehmen Erlebnisses und der leicht verdienten Kohle, heim. Vorher (ich wartete auf St., der die Fließen benetzen war), wechselte ich aber noch ein paar Sätze mit der blonden Psychologin, die schon am zusammenräumen war: Insgesamt hatte sie sechs solche Diskussionsrunden abgehalten, drei in Wien und drei in Linz. Auf meine direkte Frage hin, ob denn solche Runden tatsächlich etwas bewirken in der Zipfer-Marketingabteilung, druckste sie etwas herum und meinte dann, das dürfe sie mir nicht sagen – sie gab mir aber doch zu verstehen, dass die Auswirkungen sich in engen Grenzen halten werden. Trotzdem bin ich etwas gespannt, wie sich die Werbelinie von Zipfer in Zukunft weiterentwickeln wird – mit dem guten Gefühl, meinen Anteil zur österreichischen Bierwirtschaft beigetragen zu haben.