Meine E-Mail an die KPÖ

Aus ehrlichem Interesse hatte ich der KPÖ vor etwa zwei Wochen eine Anfrage über das Kontaktformular auf der Website geschickt. Nachdem sich dort niemand gerührt hat, machte ich die E-Mail-Adresse der KPÖ Oberösterreich ausfindig und versuchte es dort:

Geschätzte Damen und Herren der KPÖ,

zu meinem Unglück habe ich es leider verabsäumt, Ihrer Wahlveranstaltung an der Linzer Landstraße beizuwohnen, daher konnte ich Ihnen diese Frage nicht direkt, unter vier Augen sozusagen, stellen, sondern muss auf das unpersönliche Medium E-Mail zurückgreifen – ich hoffe aber trotzdem auf eine direkte Antwort auf eine ebensolche Frage.

Das Problem diesjähriger Nationalratswahl äußert sich dergestalt, dass keine der "althergebrachten" – es ist mir durchaus bewusst, dass Sie die älteste Partei des Landes sind, Sie verzeihen also dieses Wortspiel – Parteien aufgrund ihrer bisherigen oder für die zukunft angekündigten Aktionen, Pläne oder Ziele für mich mehr wählbar ist. Ich evaluiere also Alternativen abseits der ausgetretenen, stagnierenden Pfade und dabei steht Ihre werte Partei natürlich ganz oben. Selbstredend bemühe ich mich redlich, mich nicht von leider noch immer negativ besetzten Phrasen wie "Kommunismus" beeinflussen zu lassen und das Junge, Moderne hinter der altbackenen, verstaubten Fassade, die diese Wörter unglücklicherweise aufbauen, zu sehen, aber es scheint mir nur bedingt zu gelingen – verzeihen Sie bitte also meine folgende, möglicherweise etwas seltsam anmutend mögende Frage:

Warum soll ich die Kommunistische Partei Österreichs wählen? Ich verdiene überdurchschnittlich gut und bin der festen Meinung, dass der Staat oder das System Österreich mehr als "sozial genug" ist, also genügend für einen relativ gerechten sozialen Ausgleich tut. Wenn Sie als Partei also von "Umschichtung" und "noch mehr Gerechtigkeit" sprechen, bedeutet das für mich auf den ersten Blick bloß, dass Sie noch mehr von meinem schwerverdienten Geld nehmen und anderen geben möchten, als es das system schon bisher macht. Oder verfalle ich hier doch in falsches Schubladendenken und missverstehe Ihre Absicht zutiefst? Planen Sie zusätzliche Belastungen für den (oberen) Mittelstand, um durchaus arbeitsscheuen oder zumindest arbeitslosen Menschen ein wohlhabenderes Leben auf Kosten von fleißigen, arbeitenden Bürgern zu ermöglichen?

In der Hoffnung auf eine Antwort grüße ich Sie und verbleibe ich,

Nach ein paar Tagen bekam ich auch eine Antwort, und sogar eine recht gute und überzeugt klingende, wie ich finde. Ich war sogar so beeindruckt, dass ich mir zuerst die Erlaubnis zur Veröffentlichung geholt habe:

Das Hauptproblem unserer Zeit ist meines Erachtens, dass auf der einen Seite der Reichtum einer kleinen Minderheit immer größer wird, gleichzeitig aber als Kehrseite zunehmend bis in den sogenannten Mittelstand hinein immer mehr Menschen in die Armut getrieben werden. Wir sehen das als Ergebnis der neoliberalen Politik, welche anstelle eines gesellschaftlichen Ausgleichs und Solidarität die Konkurrenz um jeden Preis gestellt hat.

Wie sich jetzt auch durch die aktuelle Finanzkrise zeigt, kann ein solches System nicht funktionieren. Die Illusionen über einen "gezähmten" Kapitalismus wie sie nach dem Scheitern des Realsozialismus 1989/91verbreitet wurden sind rasch verflogen, vielmehr hat sich gezeigt, dass der reale Kapitalismus um den Preis möglichst hoher Profite zunehmend alle menschlichen Werte zerstört. Daher sehen wir auch unsere Funktion als Kommunististische Partei dahingehend bestätigt, dass die Vision und das Ziel sozialer Gerechtigkeit, einer Gesellschaft die auf sozialen und solidarischen Werten beruht bestätigt und daher gibt es auch die immer wieder totgesagte KPÖ immer noch.

Wenn sie daher ausschließlich von Ihrer eigenen Lage ausgehen, mögen Sie keinen einen Anlass sehen die KPÖ zu wählen. Ich nehme aber an, dass Ihnen auch bestimmte gesellschaftliche Werte im vorhin dargestellten Sinne ein Anliegen sind. Das Klischee von Arbeitsscheuen, die sich auf Kosten der Fleißigen ein gutes Leben machen stimmt so einfach nicht. Die ganz große Mehrheit von Arbeitslosen, Sozialhilfeempfängern usw. hat sich ihre Lage ganz sicher nicht freiwillig ausgesucht. Ist es nicht vielmehr der "Fleiß" millionenschwer entlohnter Manager die im Auftrag der AktionärInnen das letzte aus einem Unternehmen herauspressen und tausende Menschen arbeitslos machen oder in die Prekarisierung verdrängen? Ist es vielmehr nicht so, dass nach dem gängigen Credo die Gewinne privatisiert, die Verluste aber vergesellschaftet und der Allgemeinheit aufgelastet werden? Hauptsache die AktionärInnen haben ihre Schäfchen ins Trockene gebracht.

Die KPÖ verkörpert mit ihren Vorstellungen also hier den Kontrapunkt zu Industriellenvereinigung und den von ihr finanzierten Parteien. Auch wenn unsere politischen Möglichkeiten derzeit begrenzt sind, wir haben eine Meinung und diese vertreten wir auch. Damit sind wir die linke Alternative zu den auf den Neoliberalismus eingeschworenen Parteien.

mfg
Leo Furtlehner

Angesichts der aktuellen Finanzkrise und der 700 Milliarden US-Dollar (übrigens in etwa das Doppelte des österreichischen BIP) Nothilfe der USA für die angeschlagenen Banken kann ich zumindest das "Gewinne privatisieren, Verluste vergesellschaften" unterschreiben. Wobei ein Fakt wie schon oft zuvor "übersehen" wurde: Das Problem ist nicht das "neoliberale", kapitalistische System, sondern jene Leute, die sich über alle Maßen auf Kosten der anderen bereichern wollen. Und solche Menschen gibt es leider in einem "realsozialistischen" System genauso – perfekt funktionieren tut also keines der beiden.

3 Gedanken zu „Meine E-Mail an die KPÖ“