Die Ludwig-Tagebücher (1)

Europa, am 24. Oktober 2011

Im 35. Stock des EZB Gebäudes in Frankfurt wurde es totenstill. Weder der ewige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet noch sein blasser Nachfolger Mario Draghi brachten auch nur ein Wort über die Lippen. Plötzlich klingelte das Telefon, Berlin war dran. „Herr Präsident, stimmt es, was ich heute auf der Website der Oberösterreichischen Nachrichten lesen musste“, fragte Angela Merkel aufgeregt. „Oui Madam“, antwortete Trichet, „es stimmt, um 12:00 ist eine Pressekonferenz in der Ludwigsburg zu Linz angesetzt – wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen.“

Daraufhin wieder Totenstille. Auch Wolfgang Schäuble, der zufällig in Frankfurt weilte und zeitgleich mit dem Telefonat im 35. Stock der EZB ankam, brachte kein Wort über seine sonst so geschwätzigen Lippen. Er war in Begleitung von Alfred Gusenbauer erschienen, den er eine kurz vorher in einer Unterführung am Hauptbahnhof aufgelesen hatte.

Mittlerweile verfolgte der gesamte EZB-Rat, Wolfgang Schäuble, der Fredl Gusenbauer sowie die per Videokonferenz zugeschaltene Angela Merkel live und in höchster Nervosität die Pressekonferenz in Linz und harrten fatalistisch deren Lauf; die Stimmung überstieg in ihrer Dramatik deutlich die jeder griechischen Tragödie.

12:04. „Oiso liabe Leit, I hear hiaz af, i mog nimma – da Hof is guat bestöllt, und da Schaller Heinzi mocht des scho – a wann er ned sofü Bauernschläue hod wia i“, begann Onkel Ludwig die Pressekonferenz, „des mocht aber nixi, weil i mir im 5. Stock der Ludwigsburg an schen Ausgedingestock habe einrichten lassen – a Büro, inklusive 2 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, wo i jeden Tag auf meine alten Tag Erdäpfü mit an 15er Steirer anbauen werd“.

Langsam dämmerte es den in Frankfurt physisch und elektronisch Anwesenden, dass dies alles bittere Realität war und sie nicht, wie insgeheim gehofft, bald aus diesem Albtraum aufwachen würden. Die Finanzwelt war schlagartig eine andere geworden und in ihren Grundfesten stärker erschüttert als in den Tagen rund um den Zusammenbruch von Lehman.

„Merde! Merde!“ hallte es plötzlich. Unbemerkt hatte sich auch Sarkozy in die Videokonferenz zugeschalten; der kleine Franzose stampfte mit seinen Hufen: „Der Granat des Euros geht von Bord, und das in der Phase der größten Unsicherheit – där sollte sisch schäämen!“ „Reißen sie sich doch endlich mal am Riemen, Sie Möchtegern Napoleon Bonabruni“, kam prompt die Antwort aus Berlin. „Wir müssen jetzt kühlen Kopf bewahren“, versuchte Trichet die komplett aufgelöste Merkel zu beruhigen.

„Regts eich ned so auf, des bringt jo ollas nix“, meldete sich nun auch der völlig verwahrloste und zwischenzeitlich von den Kellnern der EZB mit 3 Flaschen Rotwein versorgte Fredl Gusenbauer zu Wort. „Da Onkel Ludwig is hoid a Schwoarza, dem muaß ma fest an Griaß ums Mäu schmiarn“, analysierte der ehemalige Bundeskanzler der Alpenrepublik besonnen die Situation, „do gibt’s nur oan Weg: Mia miaßn olle gemeinsam zum Ludwig fahren und earm sogn, dass er ned a solchen Bledsinn moachen derf. Und wann a des nix hüft, dann miaß ma den Ludwig schön bitten, dass er uns ned im Stich losst – olle miteinand“ …

Ein Gedanke zu „Die Ludwig-Tagebücher (1)“

  1. „Erdäpfü mit an 15er Steirer anbauen“ aldjflsdfjkajkshdg
    und außerdem heißt das immer noch „Ausnehma“ und nicht „Ausgedinge(stock“.

    Brilliant, das alles.