Krieg und die Evolution

Letztens in einem Stripclub in Bratislava: Meine Begleiter bemühen sich redlich, ihren Speichelfluss zu kontrollieren, während ich verlegen an meinem Sprite nippend an die Decke starre und – wieder einmal – über die Evolution nachsinne.

Durchaus mit brauchbaren Ergebnissen, wie ich finde: Der exakte Gedankengang würde zwar in seiner verworrenen Ausführlichkeit den Umfang dieser kleinen Webseite sprengen, Grundstein waren aber Überlegungen, die um die körperliche Perfektion der sich darbietenden Göttinnen kreisten. Und Ergebnis die Erkenntnis, dass Krieg einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Evolution bzw. der Genetik des Menschen hat. Möglicherweise sogar einen sehr wichtigen.

Meine These ist nämlich: Die ständigen Kriege haben den Menschen aller Zeitalter unbewusst dabei geholfen, genetisches Material zu verteilen. Etwas, das ganz unbestritten wichtig für die Evolution, für die Anpassungsfähigkeit der Spezies ist.

30-jährige Krieg
Der 30-jährige Krieg verheerte ganz Mitteleuropa. Und hat sicher dabei geholfen, schwedische Gene bis nach Südbayern zu tragen.

Man stelle sich ein beschauliches, abgelegenes Tal vor 5.000 Jahren vor. Ein paar Dutzend Familien Homo Sapiens leben seit Generationen friedlich nebeneinander; alles ist gut, nur der Genpool wird immer seichter. Mit der unvermeidbaren Folge, dass die Homo Sapiens langsam aber sicher anfälliger für Krankheiten und Umweltveränderungen werden.

Zum Glück für den Genpool haben sich aber die Homo Sapiens des Nachbartals dazu entschieden, eine erfrischende Wanderung inklusive Plünderung zu ihren gar zu friedliebenden Nachbarn zu starten – mit dem Ergebnis, dass eine ganze Reihe von Frauen und Kindern vergewaltigt und geraubt wurden. Und der Genpool sowohl bei den Gewinnern als auch bei den Verlierern eine für beide Gruppen wichtige Erweiterung erfahren hat.

Mit den Jahren wurden die Kriege zwar immer größer, aber die Grausamkeit der Sieger nicht weniger. Bis heute.

So schlimm und grauenvoll das für die betroffenen Menschen und Einzelschicksale auch ist, so positiv ist es für unseren Genpool. Im Übrigen muss die Vermischung der Genpools ja auch nicht immer brutal erzwungen werden, man denke nur an die zahllosen französischen Mademoiselles, die sich im zweiten Weltkrieg in stramme deutsche Besatzer verliebt haben, oder ein paar Jahre später deutsche Frauen in nicht minder stramme Amerikaner.

Welche enormen Auswirkungen diese Vermischung durch Kriege (und Völkerwanderungen, die aber auch meist recht kriegerisch waren) haben, sieht man beispielsweise recht markant an der blonden Haarfarbe. Die kommt fast ausschließlich in Nordeuropa vor ((Auch wenn sie nicht dort entstanden ist)), und wurde wohl erst durch die germanischen Völkerwanderungen und Plünderungen der Wikinger in ganz Europa verteilt. So gibt es heute beispielsweise in Marokko blonde Berber, die höchstwahrscheinlich Nachkommen von Vandalen sind.

Ob jetzt Blond eine besonders verbreitenswerte Mutation ist, sei dahingestellt ((Vermutlich aber schon, wenn ich mich an die großen Augen und offenen Münder meine Begleiter im Stripclub erinnere.)). Ich bin aber davon überzeugt, dass diese durch Konflikte angetriebene genetische Vermischung langfristig sehr wichtig für die Menschheit war. Möglicherweise hat sich die Evolution ja sogar etwas dabei gedacht, als sie die Grausamkeiten der (meist männlichen) Sieger an den (meist weiblichen) Besiegten zur Regel werden ließ.

Heutzutage verliert dieser Faktor in der Evolution durch die Globalisierung aber sicher an Bedeutung. Schließlich muss man nicht mehr unbedingt als Soldat hunderte Kilometer in den Krieg ziehen, um andere Länder zu sehen. Auch wenn Massenvergewaltigung, Sklaverei und Verschleppung sicher ein effizienteres Mittel zur Verteilung von Gensträngen ist ((Vergessen darf man im Übrigen auch nicht, dass siegreiche Soldaten meist besonders männliche und daher evolutionstechnisch begehrte Gene zu verteilen hatten.)), als ein Wochenende Sightseeing.

Aber da es sowieso nicht so aussieht, wie wenn Homo Sapiens in nächster Zeit das Interesse am Krieg verlieren würde, mache ich mir – zumindest in diesem kleinen Bereich – keine Sorge um die Spezies.

6 Gedanken zu „Krieg und die Evolution“

  1. Puh! Glück für dich, dass du nicht Thilo Sarrazin heißt, dann könnte ich so einen Text nicht gut heißen. Aber so: Ja hast sicher recht. Der Abschnitt über Bratislava ist leider etwas kurz ausgefallen.

  2. Hee!

    Gar nicht, meine wunderbare Theorie hat absolut nichts mit irgendwelchen abstrusen Rassenthesen zu tun, sondern sie betrifft ja die gesamte Spezies.

    Eher sogar im Gegenteil, das zeigt nur einmal mehr wie saudumm etwas wie „rassische Reinheit“ ist.

    1. Eher sogar im Gegenteil, das zeigt nur einmal mehr wie saudumm etwas wie “rassische Reinheit” ist.

      … und noch dazu dafür Kriege zu führen!

  3. Meine These ist nämlich: Die ständigen Kriege haben den Menschen aller Zeitalter unbewusst dabei geholfen, genetisches Material zu verteilen. Etwas, das ganz unbestritten wichtig für die Evolution, für die Anpassungsfähigkeit der Spezies ist?

    I dont agree with you. Would you tell the apology to the war if the war would kill or make suffer your own parents, children or yourself? The best perish in wars and the war is the basis for degeneration of human civilisition. Only megalos social-darvinists (as nazis or commis) consider the war as something positive for mankind (of cause‘ only if the war doesnt kill the children or relatives of these hypocritic morons)

  4. Sehr interessant! Aber ich denke, dass Kriege einen Selektionsprozess auch auf kultureller Ebene dienen:

    Konflikt zwischen Kulturen – unabdingbare Folge der notwendigen Variabilität?

    Biodiversität ist die Grundlage der Evolution und damit dem Prinzip des Lebens. Die Evolution versteht sich nicht als gerichteten, geplanten Prozess, sondern er erfolgt eher auf indirekter bzw passiver Weise. Durch die Kreation von Mechanismen, die die Variation zwischen Individuen schafft, werden mehr oder weniger zufällig untereinander ähnliche aber dennoch nicht komplett kongruente biologische Systeme geschaffen. Diese Varianz bilder die Grundlage für die natürliche Selektion: Durch den „Bau“ von veschiedenen Individuen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest wenige aller Variationen den Selektionsprozess überlebt und damit angepasst ist.
    Die möglichen Anforderung (Selektionsdrücke) können nicht vorhergesehen werden, weswegen die Evolution nicht aktiv gerichtete, sondern passive Mechanismen etablieren musste in Form der Schaffung einer ständig vorhandenen Variation, die sich in der uns bekannten Biodiversität bei Lebenwesen manifestiert.

    Die Mechanismen der Evolution beschränken sich nicht nur auf genetische Ebene. Je Komplexer ein Lebewesen, desto unfangreicher die Möglichkeit der Weitergabe von Informationen an nachfolgende Generationen, die nicht in der DNA enthalten ist. Die an die nachfolgende Generation weitergegebenen, nicht in der DNA enthaltenen Information, nennt man Meme. Diese bilden eine wichtige Grundlage für die Existenz von Kultur.

    Kultur besteht darin, Informationen vorheriger Generationen weiterzugeben z.B. in Form von Traditionen, Gesänge, Schrift und vielem mehr. Doch auch dieser Prozess unterliegt einer Selektion, nicht jede Information wird weitergegeben und manche werden besonders betont. Nicht umsonst existiert das Sprichwort, dass die Gewinner die Geschichte schreiben: Es sind also die „Gewinner,“ die die Information dann selektieren und dann an die nachfolgenden Generationen weitergegeben können. Die „Gewinner“ entscheiden, welche Meme sich durchsetzen und die Gewinner stellen die Individuen dar, die sich evolutionär behauptet haben, analog zu Genen, bei denen sich die besser angepassten Merkmale aufgrund eines höheren Fortpflanzungserfolges der entsprechenden Merkmalträger durchgesetzt haben bzw. selektiert wurden.

    Doch nicht nur die Eigenschaft der Meme, wie Gene selektiert zu werden, wird mit dem Selektionsprozess der Genetik geteilt. Da der grundlegende Mechanismus der Evolution die Schaffung von Variation ist, so holt dies nicht nur für Gene, sondern auch für Meme. Dies erklärt, warum es viele unterschiedliche Kulturen, Traditionen, Sprachen etc. (zusammengefasst Meme) gibt. Denn Meme stellen neben genetischen Methoden (wie z.B. Mutation, Epigenetische Modifizierungen wie Methylierungen, Crossing Over während der Meiose) einen weiteren Mechanismus zur Schaffung von Variabilität dar.

    Diese Meme müssen jetzt selektiert werden, wie Gene. Dies geschieht neben gesellschaftsinternen Möglichkeiten wie z.B. politische Aufstände aber auch durch Kriege zwischen den einzelnen Gesellschaften bzw. Kulturen. Organisierte Konflikte zwischen Gruppierungen von Menschen dienen also der Selektion von Meme und sind damit wichtig für die Adaptationsfähigkeit von menschlichen Verbänden. Dies erklärt auch technologischen Wissenszuwachs durch Krieg (beispielsweise das Sonar).

    Stellt Krieg somit eine notwendiges Konsequenz der Evolution dar? Ist Krieg bzw. Konflikt sogar notwendig für das Bstehen von Kultur, da dadurch Meme kontextualisiert werden?

    —> Bezug zur Qualia, die Schaffung von Variabilität auf individueller Ebene: Das Hervorbringen von Bewusstsein im Zuge der Evolution deckt sich mit dem Ziel, möglichst viel Varation zu schaffen, indem jede bewusste Erfahrung individuell geprägt und damit eine ultimative Variabilität auf kognitiver Ebene geschaffen wird. Die Struktur des Bewusstseins in Form der Qualia dient also vor allem die Schaffung von Varianz, die Enstehung von Individualität ist also evolutionär determiniert.