Für und wider die Eisenbahnbrücke

Am 27. September dürfen die Linzer über die neue alte Eisenbahnbrücke abstimmen. Zwei Möglichkeiten stehen zur Auswahl:

Variante a: Errichtung einer neuen Brücke für Straßenbahn, Autobusse Kraftfahrzeuge, Fahrräder und FußgängerInnen anstelle der bestehenden Eisenbahnbrücke.

Variante b: Sanierung der bestehenden Eisenbahnbrücke für FußgängerInnen und Fahrräder sowie Errichtung einer Begleitbrücke für Straßenbahn, Autobusse und Kraftfahrzeuge.

Es handelt es sich hierbei übrigens um eine Volksbefragung, keine Volksabstimmung. Das heißt das Ergebnis wäre rein rechtlich gar nicht verbindlich. Der Bürgermeister hat aber bereits angekündigt, dass er sich an das Ergebnis halten will.

Als Demokrat nehme ich diese Möglichkeit zur Mitbestimmung natürlich gerne und ernsthaft wahr.

Meinungsbildung

Vor einigen Wochen war schon eine Wahlzeitung der SPÖ mit ausführlichen Gründen gegen eine Sanierung und für Variante a ins Haus geflattert. Aber das erschien mir zur fundierten Meinungsbildung dann doch ein wenig zu einseitig. Dementsprechend habe ich mich vor den PC gesetzt mit dem iPad auf die Couch gelegt, um ganz unvoreingenommen Argumente für und wider Abriss einzuholen und die richtige Entscheidung treffen zu können.

Das war dann doch gar nicht so einfach, wie ich zuerst gedacht habe. Immerhin, die Unterstützer von Variante a präsentieren auf einer sehr professionellen Website eine ganze Reihe von mehr oder weniger sinnigen Gründen, die für Bau einer großen, neuen Brücke sprechen.

Karger geben sich die Freunde von Variante b. Zwar gibt es die Website des Vereins „Rettet die Eisenbahnbrücke“, dort findet sich aber kein einziger Grund, warum sie denn nun so rettenswert wäre. Auf Googles zweiter Seite stieß ich dann aber doch noch auf die etwas informativere Website von „Eisenbahnbrücke retten“. Und auch auf Facebook gibt es da noch so eine Gruppe, die allerdings (typisch Facebook, könnte man sagen) wenig sachlich, sondern bloß polemisch argumentiert.

Die Gründe (der anderen)

Nach Studium oben genannter Quellen, das ich dem geneigten Leser gerne ersparen möchte, habe ich im Folgenden die wichtigsten Für und Wider zusammengefasst. Ich habe jene Gründe, die aus meiner Sicht wenig sinnvoll oder stichhaltig erscheinen oder auch nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen, nicht mehr extra abgetippt. Liest man sich nämlich kritisch durch den Wald schöner Worte, bleibt am Schluss nur mehr eine äußerst übersichtliche Liste von tatsächlichen Argumenten. Der geneigte Leser kann gerne über obige Links selbst recherchieren und meine Zuverlässigkeit prüfen.

Für den Abriss der alten Eisenbahnbrücke und den Bau einer großen, neuen Brücke (Variante a) sprechen:

  • Variante a soll 60 Millionen kosten, Variante b 100 Millionen. Naturgemäß setzen die Befürworter von Variante b die Zusatzkosten etwas niedriger an, dass Variante a aber insgesamt billiger kommen würde, steht außer Frage. Auch die laufenden Kosten zur Instandhaltung sind bei Variante b höher.
  • Der Verkehr muss über die Zweitbrücke geleitet werden, wofür erst Zufahrten geschaffen werden müssen – verkehrstechnisch wenig sinnvoll. Der Verkehr würde damit noch weiter Richtung Autobahnbrücke verschoben werden,

Für die Sanierung der Eisenbahnbrücke und den Bau einer zweiten, kleineren Brücke (Variante b) sprechen:

  • Die alte Eisenbahnbrücke ist ein Teil der Linzer Geschichte als Stahlstadt.

Die Gründe (meine)

Nun bin ich garantiert der letzte, der den Wert von Geschichte nicht zu schätzen weiß oder ihre Bedeutung klein reden will. Aber wenn das selbst nach längerer, unvoreingenommener Recherche das einzige ernstzunehmende Argument ist, das für eine Sanierung der alten Brücke spricht, sage ich: Lieber etwas Neues bauen. An Geschichte kann auch erinnert werden, indem man beispielsweise einen Teil der Brücke als Monument an der Donaulände platziert.

Viele Freunde der alten Eisenbahnbrücke führen als Grund auch noch ins Feld, dass sie so schön sei. Lächerlich! Eigentlich ist sie ein ziemlich hässliches Ding, ein nützliches, aber unelegantes Artefakt aus der Zeit der Industrialisierung. Wie wenig anmutig die bestehende Brücke ist, merkt man erst recht, wenn man sich ansieht, wie die neue Brücke für Variante a aussehen würde:Viel besser!Übrigens steht ein paar Kilometer donauabwärts noch eine fast baugleiche Eisenbahnbrücke. Sollte die Nostalgie also einmal unerträglich werden, bietet sich im Notfall eine Besichtigung an.

Oft stieß ich auch bei den Gegnern obiger Brücke auch auf das Argument, dass man ja „etwas aus der Eisenbahnbrücke machen könnte, Kultur oder Freizeit und so“. Stimmt, das könnte man. Allerdings glaube ich, dass die Donaulände rundherum schon sehr viel Platz für Kultur und Freizeit bietet. Und bei einer neuen alten Brücke, die für viel Geld gebaut oder saniert wird, sollte der eigentliche Zweck, nämlich eine zukunftssichere, effiziente, sinnvolle Verkehrsanbindung im Vordergrund stehen. Übersehen darf man auch nicht, was eine zusätzliche (Zweit)brücke inklusive neuer Zufahrtsstraßen und -gleise an Grünflächen an der Donaulände kosten würde.

Das sinnvollste Argument für den Erhalt der bestehenden Brücke wäre noch, dass bei einem kompletten Neubau vorübergehend eine Brücke weniger über die Donau führen würde, was dem Verkehr sicher nicht gut tut. Allerdings konnte ich keinen Beweis entdecken, dass die alte Eisenbahnbrücke noch lange genug in Betrieb bleiben darf, um während des Baus der Zweitbrücke den Verkehr zu übernehmen; ganz abgesehen davon, dass auch bei Variante b das gleiche Argument für Fußgänger und Radfahrer gilt – denn für die gibt es dann während der Sanierung der bestehenden Brücke ebenfalls keinen Übergang mehr. Und überhaupt – so ein kurzsichtiger Blickwinkel kann bei einem Verkehrsweg, der auf viele kommende Jahrzehnte ausgelegt ist, auch bei aller Liebe kein ausschlaggebendes Argument sein.

Irgendwann muss doch auch den letzten Österreichern klar werden, dass etwas nicht automatisch besser ist, nur „weil es immer so war„. Wieso ruft jede Verbesserung des Linzer Stadtbildes immer gleich die Ewiggestrigen auf die Barrikaden, die am liebsten alles so lassen würden, wie es ist? War es nicht auch so beim AEC, der Pöstlingbergbahn und beim Musiktheater? Und jetzt sind alle Linzer (und Zugezogenen, so wie ich) stolz darauf, weil damit ihre Stadt besser und schöner geworden ist. Ich glaube, dass genau das auch auf eine stilvolle, neue, große, moderne Brücke zutreffen wird. Ich werde also für Variante a stimmen. Und ich wünsche mir, dass der geneigte Leser dies auch tun wird.

Karenz-Tagebuch C

Linz, am 31. Juli 2015

Geliebtes Tagebuch,

dies ist meine letzte Korrespondenz an Dich. Zumindest was die Neuigkeiten aus der Väterkarenz betrifft.

Einhundert liebevoll handgetippte Epistel an Deine Adresse sind nun aber wirklich genug. Deine Antworten sind in den letzten Wochen ja auch rarer und karger wurden. Macht aber nichts, ich verstehe Dich gut. Du als betuchter, attraktiver Single hast auch anderes zu tun, als Dir ständig meine Baby-Geschichtchen anzuhören. Jet-Set, Clubs und Chicks und so, schon klar, ich weiß Bescheid.

Solltest Du wider Erwarten doch einmal alleine in Deinem Penthouse aufwachen und familiäre Anwandlungen aufkommen, habe ich Dir die gesammelten Karenz-Tagebücher zum Nachlesen zusammen gestellt.

Ich danke Dir von Herzen für Deine Aufmerksamkeit, Deine lustigen Anmerkungen und Dein Mitgefühl und verbleibe, Dir auf ewig zugetan und Dein.

Viele Grüße vom Baby und von Mama!

Karenz-Tagebuch XCIX

An: Gel. Tagebuch
Eilsendung

Baby unterscheidet genau zwischen Mama und Papa <STOP> Reproduzierbar seit gut einer Woche <STOP> Beim abendlichen Ins-Bettchen-Legen <STOP> Mit Mama: Große Traurigkeit, großer Bedarf nach Kuscheln, dann alles gut <STOP> Mit Papa: Griff nach Kuscheltier und Nucki, Seitendrehung, Schlaf <STOP> Unbekannt, ob dies eher für Mama oder für Papa spricht <STOP>

Karenz-Tagebuch XCVIII

An: Gel. Tagebuch
Eilsendung

Mama und Papa hätten sich ja wirklich bemüht <STOP> Moderne Eltern und so <STOP> Leider versagt <STOP> Baby wurde keinerlei Geschlechtsstereotypen ausgesetzt <STOP> Trotzdem jetzt schon eindeutig festgelegt <STOP> Bringt zuverlässig jedes Mal größte Begeisterung zum Ausdruck <STOP> Bei Autos <STOP> Und LKW <STOP> Und Baumaschinen <STOP> Und vor allem: Mopeds <STOP>

Wieso sind Aktienkurse so wichtig?

Ich versteh was nicht. Selbst auf die Gefahr hin, dass die Sache offensichtlich ist und ich mich komplett als geistiges Nackerbatzl zu erkennen gebe: Ich frage jetzt einfach mal. Vielleicht kann mir ein geneigter Leser mit mehr Hintergrund in der Ökonomie aufklärenderweise dienlich sein.

Gestern brachen die Kurse an der Börse in Schanghai um 8,5 Prozent ein. Anscheinend brodelt es an den chinesischen Börsen schon seit einigen Wochen. Ob dort drüben jetzt Kurse umfallen, oder Fahrräder, oder Reissäcke ist mir allerdings im Prinzip ziemlich einerlei.

Ich verstehe aber nicht, warum solche Kursschwankungen an den Börsen immer wieder in den Medien zu aufgeputschten Aufschreien führen. Denn, nur weil an der (gerne mal weltfremden) Börse irgendwelche Spompanadln passieren, ändert das ja mal nichts an den hinter den Aktien stehenden Unternehmen: Die betroffenen chinesischen Firmen haben über Nacht ja nicht 8,5 Prozent ihrer Kunden verloren. Noch sind auf magische Weise 8,5 Prozent ihrer Waren verschwunden. Oder 8,5 Prozent ihrer Produktivität.

Klar, irgendwelche Aktienspekulanten verloren Geld, genau so wie sie es vermutlich die Monate zuvor gewannen. Aber niemand, der ernsthaft langfristig am Unternehmen interessiert ist und deswegen dessen Aktien hält, dürfte auf lange Sicht von diesem (kurzfristigen?) Kurseinbruch betroffen sein. Die Substanz eines Unternehmens, dessen realer Wert, wird ja nicht vom Aktienkurs bestimmt. Eigentlich sollte es ja eher umgekehrt sein.

Wieso machen die Medien dann stets einen solchen Bahö, wenn so etwas passiert? Wieso sollte mich das überhaupt interessieren?

So wie ich das verstehe, werden diese groben Kurssprünge entweder durch krasse Spekulationen ausgelöst. Oder sie stellen eine dringend notwendige Korrektur eines falsch bewerteten Unternehmens dar und über kurz oder lang sollte der Kurs wieder dessen tatsächlichen Wert wieder spiegeln. Was ja auch durchaus erwünscht sein dürfte (außer vermutlich von Spekulanten).

Oder? Was übersehe ich, was verstehe ich hier nicht? Kann es sein, dass wir diese ominösen Märkte schon so sehr fürchten, dass jede ruckartige Bewegung zu kollektiven Angstanfällen führt? Oder gibt es tatsächlich eine reale Auswirkung für eine größere Gruppe an Menschen (außer mögliche Verluste von Lebensversicherungen oder ähnlichen, das ist mir schon klar)?

Ich bitte um Erklärung. Vielen Dank.

Karenz-Tagebuch XCVII

An: Gel. Tagebuch
Eilsendung

Mama und Papa mit grundlegend unterschiedlichen Erziehungsstil <STOP> Wenn Baby gelangweilt <STOP> Papa wählt liebevoll sorgfältig einzelnes Spielzeug <STOP> Und versucht, Baby dafür zu interessieren <STOP> Mama nicht minder liebevoll <STOP> Stellt gleich ein, zwei Kisten voller Spielzeug vors Baby <STOP> Wird schon was dabei sein, das in dem Moment passt <STOP>

Karenz-Tagebuch XCVI

An: Gel. Tagebuch
Eilsendung

Papa muss der Gefahr täglich ins Auge sehen <STOP> Besser: In den Mund <STOP> Baby hat mittlerweile einen Mund voller Zähne <STOP> Und weiß sie effektiv einzusetzen <STOP> Finger <STOP> Knie <STOP> Zehen <STOP> Arm <STOP> Nase <STOP> Oberschenkel <STOP> Ohren <STOP> Ellbogen <STOP> Kinn <STOP> Nippel <STOP> Nur eine Sekunde Unachtsamkeit, schon gibt es wieder irgendwo neue Zahnabdrücke <STOP>

Karenz-Tagebuch XCV

An: Gel. Tagebuch
Eilsendung

Als Papa muss man manchmal über eigenen Schatten springen <STOP> Erziehung erfordert Verzicht <STOP> Etwa auf eigene Privatsphäre <STOP> Denn: Was soll Mann machen, wenn Baby partout nicht allein sein möchte <STOP> Aber die Natur mindestens so unüberhörbar laut schreit <STOP> Bleibt nun mal nichts anderes übrig <STOP> Als stilles Örtchen vorübergehend zu teilen <STOP>

Karenz-Tagebuch XCIV

An: Gel. Tagebuch
Eilsendung

Mamas Geburtstagsparty <STOP> Baby hatte Spaß <STOP> Viel zu essen <STOP> Problem: Baby kann nicht nicht essen, wenn sich Lebensmittel am Tisch befinden <STOP> Oder sonst irgendwie in Blickweite <STOP> Der Hunger mag schon lange weg sein <STOP> Der Gusta bleibt <STOP>