Liebes Tagebuch,

es ist nun wirklich an der Zeit, dir wieder einmal mein Herz auszuschütten und dir mein vielerlei Leid zu klagen. Und da hat sich, seit ich das letzte Mal das Wort an dich gerichtet habe, nun wirklich genug Klagenswertes angesammelt.

Immer schlimmer wird mein Zimmernachbar, liebes Tagebuch. Ich weiß nicht, wie er wirklich heißt, ich nenne ihn immer nur Flo. Jedenfalls, diese ominöse Person hat sich Anfang des Jahres noch relativ ruhig und manierlich verhalten. In letzter Zeit jedoch wird es immer seltsamer mit ihm.
So höre ich seit einiger Zeit Nacht für Nacht gedämpfte Schreie aus dem Nachbarzimmer. Die gesamte letze Nacht hab ich wachgelegen, weil ständig das SOS Zeichen (drei kurz – drei lang – drei kurz) auf den Heizungsrohren geklopft wurde. Zum Glück hat das gegen fünf Uhr morgens aufgehört, als Flo nach einem kurzem Stakkato von leisen Schreien und dumpfen Schlägen heimgekehrt ist.
Und als ich heute morgen, komplett verschlafen aus meinem Zimmer Richtung Fachhochschule gestolpert bin, habe ich Flo dabei ertappt, wie er ein mannsgroßes Fass Sauerkraut durch seine Zimmertür gerollt hat und dabei leise gekichert hat.
Zum Glück hat er mich nicht gesehen, denn jedes Mal, wenn er mich erblickt, sehe ich etwas in seinen Augen auflodern, dass es mir ganz kalt den Rücken hinunterläuft.

Ich selbst, liebes Tagebuch, widme mich wieder ganz der Seidenmalerei in Pastell um darin ein Ventil für meine kreative Energie zu finden. Außerdem lese ich neufranzösische Philosophie um mich geistig fit zu halten.

Dem Kenner wird sicher nicht entgangen sein, dass ich mich, wie schon so oft, an die Großmeister Christoph Maria und Dirk anlehne. Es möge mir verziehen sein.