KiKAS, unmystified

Morgen werden einige Menschen und ich das Madsen Konzert im KiKAS besuchen. Übrigens (und nur das so nebenbei), dürfen sich die guten Jungs von Madsen auf eine handfeste Enttäuschung freuen, weil sie auf der Tour ja das enthusiastische Publikum in Wien (Flex) oder Salzburg (Rockhaus) gewohnt sind – die stoischen mühlviertler Jungbauern werden wohl kaum mehr als ein gelangweiltes Gähnen angesichts der Neuentdeckung der letzten Monate hervordrücken. Aber das soll nicht mein Problem sein, der ich wie üblich an vorderster Front in Ekstase hüpfen werde …

Dieser Eintrag ist nun hauptsächlich an den guten Johannes gerichtet, der als eingefleischter Linzer wohl noch nie das KiKAS gesehn hat. Mache dich auf eine nette Überraschung gefasst:

KiKAS steht für „Kultur im Kinosaal Aigen-Schlägl“ – dieser hochtrabende Name ist leider etwas fehl am Platze. Das KiKAS wurde das erstmals 1343 ad. urkundlich erwähnt, und zwar im Zusammenhang mit der heiligen Inquisition, wo die Räumlichkeiten als eiserne Jungfrau gedient haben (zuvor war er, wenn man der mündlichen Überlieferung Glauben schenken darf, ein Kobel für Zuchtschweine). Später wurde der „große Saal“ (der Name zeigt nur das enorme Selbstbewusstsein der Aigen-Schlägler) als Speisekammer für Käsesorten verschiedenster Art eingesetzt, bis es schließlich 1812 zur Räucherkammer für den berühmten Mühlviertler Speck wurde.
Erst Ende des letzten Jahrhunderts haben lokale Großindustrielle beschlossen, die alte, verrußte Räucherkammer zum multikulturellen Glanzpunkt des oberen Mühlviertels zu machen. Nach der Installation einer fantastischen Lichtanlage (zwei Glühbirnen à 40 Watt, von denen leider eine bereits kaputt gegangen ist) und eines Soundsystems der letzten Generation (in einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurde dem Dorfproleten das Autoradio aus dem Golf entwendet) scheint dieses Ziel auch fast erreicht. Leider zeigen sich noch immer Spuren und Gerüche der früheren Verwendungszwecke, aber das scheint die enthusiastischen Gäste (durchgehend ortsbekannte Jungbauern und Bahnhofsstricher) nur noch mehr anzuspornen.
Ein weiterer Pluspunkt dieses Schatzkästchens der Kultur ist das gleich benachbarte Lokal „Alm“, weit über die Grenzen Österreichs für die hochklassige Unterhaltung mit Independent- und Alternativmusik sowie den ausgesucht exklusiven Besucherkreis bekannt.

Also ich für meinen Teil freu mich schon wie ein junger Hund auf den morgigen Abend …

5 Gedanken zu „KiKAS, unmystified“

  1. Und ich dachte schon es wird schlimm…
    Nachdem ich ja nicht am Steuer eines auto mobile sitzen werde, werd ich mir den ehemaligen Saustall einfach schönsaufen. Was bei Frauen funktioniert sollte nicht an Gebäuden scheitern. 😉

  2. Ich muss mich hier kurzerhand einschalten um einen kleinen Fehler in den Ausführungen des ghostwriters glatt zu stellen: Der Garderobier heißt nicht Horst, sondern Pepi. Horst ist – wie richtig im Artikel beschrieben – wie die Staubkörner auf ‚de tram‘ (mühlviertlerisch für: kollossale Holzblöcke, die als Decke fungieren) in der Alm sesshaft. Ein wirklich erstaunliches Phänomen – sieht man ihm doch sein Alter kaum an! Unser thailändisch-behafteter Freund Pepi ist ebenfalls schon eine Weile im Geschäft: die Garderobe der Audienz ist sein Leben. Und er weiß genau, wenn eine Jacke verwaschen wurde… Und es gibt Tage (eigentlich ja Nächte) in denen er noch vor den letzten Besuchern das Handtuch schmeißt und sich ins Bett zu seiner (österreichischen) Freundin wirft.

    Das Phänomen ‚Detektiv‘ ist glaub ich jedem ein Begriff. Wer hat nicht die unzähligen Folgen von ‚Derrick‘, ‚Ein Fall für Zwei‘ oder ‚Der Alte‘ gesehen: Ein guter Beobachter der Szene – lautlos – und immer mit zwei listigen Augen bereit, um sich flux in ein Gespräch einzubringen…

  3. eines hast du dem Johannes zu erzählen vergessen: in der Alm (das ist die angeschlossene Disco)wacht ein Wahrzeichen des Böhmerwaldes über Recht und Ordnung in der absoluten In – Disco des oberen Mühlviertels: es ist der gute Horst, Jahrgang 1934, welcher Tag ein Tag aus (außer er ist auf Urlaub in Thailand) die Garderobe über hat. Doch aufgepaßt: Horst ist ein begnadeter Tiefstapler, er ist Haupteigentümer der Alm und zählt damit zu den reichsten, schönsten und einflußreichsten Männer Aigens.

  4. Die Alm – http://www.almbar.co.at – gehört wohl zu den originalsten Tanz-, Plauder-, Vergnügungs- (genau richtig für Rekrut Pagnani) und Sauflokalen Mitteleuropas!

    Weiters gehört ein zweites Wahrzeichen des oberen Mühlviertels erwähnt: Der Detektiv. Jeder der bereits ein mal die Alm besucht hat, kennt ihn – oder wird zumindest wissen von wem die Rede ist. Er ist wachsam, auch wenn er nur an der Wand lehnt und die Augen geschlossen hat. Er hat immer ein Seiterl in der Hand und besucht die Alm jedes Wochenende, um dort ausgiebig seiner Lieblingsbeschäftigung zu frönen: dem optischen Vergenusszwergeln zahlloser unschuldiger Almbesucherinnen.