[Tagebuch] Endspurt

Über alles geliebtes Tagebuch,

ich weiß, ich habe in letzter Zeit viel zu wenig vom Projekt (das mittlerweile intern im Projektteam unter dem Codenamen „Sisyphus“ läuft) erzählt, aber es tut sich nichts Außergewöhnliches, jeden Tag der selbe einsilbige Trott: Projektleiterin Wolf lässt uns bei jedem Anlass ihre außergewöhnlich heißen Handinnenflächen spüren. Sie hat nun im Projektlabor einen Hunde Zwinger einrichten lassen, sowie sich ein paar zähnefletschende Bulldoggen zugelegt; sie droht uns ständig damit ihre Bestien auf uns los zulassen, wenn wir nicht spuren sollten, aber ich denke sie blufft nur, auch wenn es doch ziemlich unheimlich ist, denn aus dem Zwinger hört man immer wieder angsterfüllte Schreie, ungefähr so wie diejenigen, die man sich vorstellt, wenn man an verzweifelte Seelen im ewigen Höllenfeuer denkt.

Also du siehst, geliebtes Tagebuch, dass alles beim Üblichen ist und sich nichts tut. Beziehungsweise sich bis gestern nichts getan hat, denn da kam uns der Projektauftraggeber besuchen. Wir wussten zuerst nicht so recht, was wir uns davon erwarten sollten, ob wir uns freuen oder fürchten sollten. Nun, um es kurz zu machen, es war schön und schlimm zugleich:

Jedes Projektmitglied putzte sich heraus so gut er oder sie es konnte: Die Projektleiterin versteckte ihre Neunschwänzige und die Eiserne Jungfrau unter dem Tisch, Kollege Pendlmayr zog sich zum ersten Mal dieses Semester eine Hose an und Schweighofer wischte sich die Überreste des letzten Saufgelages von Mund, Brust und Hose. Kollegin Kern kam in einem engen hochgeschlitzten Galakleid, und Künstlerin Pichler legte die Sonntagsmalerschürze an, wobei die aber mindestens so viele Farbflecken hat wie die übliche.  Und natürlich waren wir alle nervös, die Stimmung war dem Siedepunkt nahe. Als der Auftraggeber eintraf war er wohl anfangs etwas irritiert vom Hundezwinger, all den Farb– und Blutflecken, den leeren Schnapsflaschen, den leise schnarchenden Schlampen und dem verängstigten Hannes in der Ecke, aber er ließ sich höflicherweise nichts anmerken.
Die Projektleiterin führte dann voller Stolz und in aller Ausführlichkeit sämtliche Features unserer tollen Software vor. 54 Sekunden später war sie fertig, und wir blickten alle mit großen fragenden Kinderaugen erwartungsvoll den Auftraggeber an, der aber sein Gesicht in den Händen verborgen hielt. Nur seine Schulter zuckten leise, und hin und wieder hörte man ein leises Glucksen. Offensichtlich war er so beeindruckt, dass die Gefühle mit ihm verrückt spielten. Eine sehr verständliche Reaktion.
Als er sich nach einiger Zeit wieder gefangen hatte und seiner überschäumenden Emotionen Herr wurde, verließ er zu unserer Überraschung (nun, zumindest nicht zu meiner Überraschung) den Raum ohne sich noch einmal umzudrehen. Die Tür war noch nicht ganz zugefallen, als wir schon sein schallendes Gelächter hörten. Noch Minuten später hörten wir ihn, jeder Lacher war wie ein Dolch in unsere geschundenen Herzen. 

Natürlich versetzte dieser Rückschlag unserer Motivation ebenso einen massiven Knick wie die Projektleiterin in Rage. Schwups war die Neunschwänzige wieder hervorgeholt und, so schnell konnten wir gar nicht schauen, tanzte sie wieder auf unseren vernarbten Rücke und Fußsohlen. Aber schlimm wurde es erst, als die teuflische Projektleiterin den Schlüssel zum Zwinger aus ihrem Dekolleté holte …

2 Gedanken zu „[Tagebuch] Endspurt“

  1. hm, ich habe zum Glück die Giebe mit der Peitsche + die Bisse der Hunde nicht gespürt, da Projektleiterin Wolf wie gesagt den Schlüssel aus ihrem Dekoltée holte… *infantasienversink*

    Habe übrigens die Hose verbrannt! So seltsame klebrige Flecken im Schritt machten eine 2. Verwendung unmöglich!

    GG (geile Grüsse)
    Programmierer Pendlmayr
    (girls call me: 555 – WOMANIZER )

  2. ich hätt mir doch extra die mühe gemacht, den maler-kittel zu säubern aber die blutflecken der schweine, rinder und baby-katzen gingen einfach nicht weg.

    54sek 😉 entspricht der realität aber ziemlich genau