Ode an die Fußnote

Eine emsige Leserin hat mich gebeten, fürderhin vom Gebrauche der in meinen Texten so gängigen Fußnoten ((Die sehen sich immer dann ihrer gefälligen Notwendigkeit gegenüber, wenn ich mich unbewusst textuell in eine gedankenstrichliche Anmerkung innerhalb einer Klammerung zweiten Grades manövriert habe.)) ((Für die bequeme Textierung von Fußnoten in WordPress steht bei mir übrigens das FD Footnotes Plugin im Einsatz.)) abzusehen. Sie ist nämlich der Meinung, dass diese der gefälligen Lesbarkeit gar abträglich ist.

Diesem hehren Wunsche kann ich unglücklicherweise auch beim besten Willen nicht entsprechen. Man möge mir verzeihen.

Denn die Fußnoten sind gewissermaßen als die Directors Commentaries ((Oh, wie aussagekräftig ist doch die englische Sprache! Man male sich nur aus, wie unnötig aufgeblasen mein ansonsten so direkter, kompakter, gar nicht blumiger Schreibstil werden würde, hätte ich hier Anmerkungen des Regisseurs geschrieben.)) zu meinen Beiträgen ((Bedenkt man, wie oft ich bei der korrigierenden Lektüre der Texte Fragmente aus denselben entfernen muss, um der besseren Lesbarkeit zuträglich zu sein, wäre sogar ein eigener Directors Cut durchaus ersprießlich.)) anzusehen. Wie diese treffliche Extra-Tonspur, die auf jeder digitalen Lichspielscheibe ((Der primitive Pöbel würde wohl DVD sagen.)) anzutreffen ist und stets nur von den allergrößten Enthusiasten des dergestalt tangierten Lichtspiels beachtet wird.

So bitte ich den geneigten Leser höflichst auch mit meinen Fußnoten auf diese Weise zu verfahren: Niemals wird nämlich in jenen etwas Wichtiges zu finden sein. Manchmal aber etwas Lustiges ((Oft aber nicht einmal das, wie dieses Beispiel gerne demonstriert.)) ((Der heutige Beitrag wird im Übrigen galant von Carl von Clausewitz präsentiert, dessen wunderbar gepflegtes Deutsch auf Anhieb meine Zuneigung fand.)).

Eine Gefährdung für alle

Passend zum Neugeborenen des einen Arbeitskollegen hat mir – allerdings unabhängig davon – ein anderer den Link zu einem interessanten Telepolis-Beitrag zukommen lassen. Nämlich einer ganz im Stile meiner alten Überlegungen, ob strikt vegane Eltern es überhaupt zulassen dürfen, dass ihr Baby Muttermilch zu sich nimmt.

Viel weniger philosophisch, dafür aber umso gefährlicher ist es nämlich tatsächlich, dass strikte Veganer nachweislich an einer Vitamin-B12-Mangelerscheinung leiden. Die sich wiederum, oh Ironie, negativ auf die Leistungsfähigkeit des Gehirns auswirkt. Bevor ich jetzt ob dieser Aussage getrollt werde – bitte nachlesen und dort trollen. Oder von mir aus auch hier, ich vertrage das schon.

Und eigentlich ist mir das auch vollkommen egal. Denn wenn sich Veganer selbst nichts Gutes tun möchten und an ihrer Überzeugung festhalten, ist das ihr gutes Recht. Sogar wenn sie der Meinung sind, auch ihre Hunde und Katzen vegan ernähren zu müssen. Bitte, macht ruhig.

Ändern tut sich die Sache für mich aber schnell, wenn plötzlich andere Menschen gefährdet werden ((Wie zB beim Rauchen: Jeder darf ruhig rauchen, so viel er mag; aber er soll das dort tun, wo keine anderen Menschen beeinträchtigt werden. Im Übrigen ein Unterschied zu Alkoholikern, die sich gemeinhin nur selbst schädigen.)). Und bei Veganern ist das halt dann das eigene Kind.

Denn es ist schon tatsächlich passiert, das Babys an B12-Mangel gestorben sind. Weil sie von ihren fanatischen Eltern strikt vegan ernährt wurden. Und dann stellt sich halt schon die Frage, ob die Eltern wirklich wissen, was das beste für das eigene Kind ist.

Aber selbst dieses Extrem-Beispiel kann noch getoppt werden. Denn hier wird „bloß nur“ das eigene Kind gefährdet. Nun kommt nämlich mein rotes Tuch schlechthin: Die Impfverweigerer.

Denn Kinder, die nicht geimpft werden, sind nicht nur selbst in Gefahr, sondern ein Risiko für ihr ganzes Umfeld. Für den gleichaltrigen Spielkameraden zum Beispiel. Oder den gesamten Kindergarten.

Jedem Menschen, der in der Unterstufe in Geschichte auch nur ein bisschen aufgepasst hat, muss klar sein, dass die Vorteile einer Impfung die Nachteile bei weitem, weitem, weitem aufwiegen. Sollte man denken, offenbar ist dem aber nicht so, deswegen ein Beispiel, zur Sicherheit direkt aus der Wikipedia:

Bei der letzten Polio-Epidemie (Kinderlähmung) in Deutschland 1952/53 wurden 15.000 paralytische Fälle (Lähmungen) bekannt (Todesrate hiervon wiederum 1 bis 4 %). Mit den ersten Impfkampagnen wurde 1961 begonnen, 1965 war dann schon ein Rückgang der Neuerkrankungen um 99 % zu sehen (von 4.670 auf 50 Fälle).

Und die vielzitierten Nebenwirkungen? Ich habe absichtlich das Beispiel Polio genommen, weil es hier zu einer der schlimmsten Impfkomplikationen kam: Mit der Wahrscheinlichkeit von 1:890.000 konnte es durch die Impfung vorkommen, dass ein Kind Polio-Symptome aufwies. Bis 1998, denn seit dem ist eine verbesserte Impfung im Einsatz.

Und nun noch einmal genau durchgerechnet: 1952 hatten BRD + DDR gemeinsam gut 70.000.000 Einwohner. Bei 15.000 Polio-Erkrankten im selben Jahr entspricht das einer Quote von 1:4666. Aber der Einfachheit halber auf die gesamte Bevölkerung gerechnet, dabei betrifft die Kinderlähmung aber nur, der Name verrät es bereits, Kinder. Die tatsächlich Quote dürfte näher bei 1:1500 liegen. Und dann vergleichen wir diese Zahl mal jener der Komplikationen, nämlich 1:890.000.

Wenn Zahlen noch immer nicht ausreichen: Polio gilt in Europa fast als ausgerottet. Die letzte Epidemie bei uns war 1992/93 in den Niederlanden, wo es innerhalb weniger Wochen zu mehreren Dutzend lebenslang Gelähmten und sogar einigen Toten kam. Ein Teil der betroffenen Bevölkerung hatte da aus religiösen Gründen die Impfung verweigert. Und damit neben sich selbst auch die ganze Bevölkerung in Gefahr gebracht.

Ähnliche Erfolge der Impfung bzw. einer hohen Impf-Quote sind auch für Masern, Röteln oder Mumps nachzuweisen. In der Schweiz hingegen kam es noch 2006 zu einer Masern-Epidemie – Schuld wird wohl die schlechte Schweizer Durchimpfungsrate sein.

Die Pocken (Todesrate: 30 %) gelten dank der Impfung weltweit als ausgerottet. Hätten damals in den 60er- und 70er-Jahren ein paar Impf-Verweigerer wie heute auf stur geschalten und mit ihrer Unkenntnis der Geschichte die ganze Bevölkerung gefährdet, wäre dieser Erfolg sicher nicht zustande gekommen. Für Pocken galt damals übrigens sogar die Impfpflicht.

Ich könnte wohl noch eine ganze Weile solche geschichtlichen Fakten zitieren (und hatte das auch schon, in einer noch längeren Version dieses Beitrages). Mein Punkt ist aber, denke ich, gemacht.

Allerdings möchte ich noch klar stellen, dass ich keinesfalls blind jeder Impfung nach laufe und die Argumente der Impfkritiker gut kenne. Eine Grippe beispielsweise ist nur dann wirklich gefährlich, wenn man sich grob fahrlässig verhält und die Zeichen des Körpers lange stur ignoriert. Auch starke Medikamente wie Antibiotika werden viel zu leichtfertig verschrieben – mit den bekannten Problemen der steigenden Resistenz der Erreger als Folge. Ich nehme sogar Aspirin sehr ungern und nur wenige Male im Jahr bei richtigen Notfällen ((Wer saufen kann, der kann auch Kopfweh haben.)).

Wer sich aber ein bisschen mit der Geschichte beschäftigt, der muss ohne jeden Zweifel erkennen, dass die „althergebrachten“ Impfungen gegen Kinderlähmung, Diphtherie, Röteln etc. einen enormen Segen gebracht haben und die dadurch verhinderten Krankheiten, die noch vor 70 Jahren in Epidemien mit Tausenden Erkrankten aufgetreten sind, bei uns zum Glück fast unbekannt gemacht haben. Ich bin gegen eine allgemeine Impfpflicht, denn jeder Mensch sollte selbst zu dieser Erkenntnis kommen. Und gut darüber nachdenken, welche Auswirkungen seine Entscheidung nicht nur auf sein Kind oder sich, sondern die gesamte Bevölkerung haben könnte.

Kein Sex führt zu Aggression

Bevor der geneigte Leser kopfschüttelnd zum nächsten Blogeintrag mit übertrieben reißerischen Titel blättert, haltet inne und lasset mich kurz elaborieren. Ich verspreche auch hoch und heilig, entgegen dem Trend hat es diesmal nichts mit Pornografie zu tun.

Denn hinter dem Titel steckt mehr als mein fadenscheiniges Argument zur präkoitalen Überredung scheinbar allzeit migränegeplagter Partnerinnen. Sondern ich denke an viel gesellschaftlich einschneidendere Probleme als ein unsensibler Blog-Autor auf Sex-Entzug. Mit, davon bin ich überzeugt, weitreichenden Folgen, die wir derzeit nur erahnen können.

Vor gut einem Jahr kam es in Indien zu jener aufsehenerregenden Gruppenvergewaltigung, die sogar einem hart gesottenen europäischen Actionfilmschauer das Frühstücksbrötchen im Hals hat stecken lassen. Und wer ein bisschen tiefer in den dazugehörigen Kommentaren, Analysen und Statistiken gräbt, findet schnell, dass es in Ländern wie Indien im Hinblick auf Vergewaltigungen generell richtig schlimm zu geht.

Jetzt muss man natürlich keine besonders kühnen gedanklichen Sprünge wagen, um die Ursache für diese im weltweiten Vergleich so ungewöhnlich hohe Brutalität von Männern an Frauen zu erraten:

Denn das sind die unmittelbaren Auswirkungen jener gesellschaftlichen Haltung, die männlichen Nachkommen einen höheren Wert zugesteht als weiblichen. Mit dem Ergebnis, dass Söhne stolz hochgezogen, Töchter aber abgetrieben oder weggelegt werden. Was zwangsläufig zu einem starken Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen in der jeweils betroffenen Gesellschaft führt.

In Indien beispielsweise wird dieses Verhalten durch die oft unbezahlbare Mitgift für Mädchen gestützt; in China durch die (mittlerweile gelockerte) Ein-Kind-Politik. Die logische Folge: In China und Indien werden derzeit etwa 1,12 Männer auf 1 Frau geboren.

Über kurz oder lang endet diese Entwicklung an einem unbeherrschbar großen Anteil an frustrierten Männern in der Gesellschaft, die ihrem genetisch fix vorgegebenen Imperativ zur Verbreitung der eigenen Geninformation nicht nachkommen kann. Und die gleichzeitig in einer massiv übersexualisierten Welt leben, wo von jeder Werbewand eine halbnackte Dame verführerisch herablächelt.

Man darf nun also – zu Recht – schockiert und voller Abscheu den Kopf über diese Brutalität und Unmenschlichkeit schütteln. Wundern über sie darf man sich aber nicht.

Überhaupt führt dieser Mangel an Frauen zu allerlei anderen, seltsamen Auswüchsen.  Wie etwa jene junge Frau in Indien, die reihherum mit fünf verschiedenen Männern schläft; die zufällig alle Brüder sind. Oder jene Chinesen, die Tote heiraten. Oder, weniger amüsant, jene Frauen, die entführt und wie Sklaven versteigert werden.

Das Ironische an der Sache ist allerdings, dass der derzeit kaum vorhandene Wert von Töchtern künftig enorm steigen wird – das simple Gesetz von Angebot und Nachfrage schreibt dies unabänderlich vor. Es würde mich also nicht wundern, wenn in Indien bald den Söhnen Mitgift mitgegeben werden muss anstelle den Töchtern.

Der geneigte Leser darf also gespannt sein, ob wir in einem Jahrhundert die selbe Situation wieder haben werden – nur mit vertauschten Geschlechtern.