Die Budapest Tagebücher – 1: Die Gefährten

Im Folgenden erzähle ich detailliert die Erlebnisse meiner, oder besser unserer, Reise in die ungarische Hauptstadt, die nach nicht einmal 16 Stunden in Budapest abgebrochen werden musste. Der geneigte Leser kann versichert sein, dass ich alle Vorkommnisse wahrheitsgetreu wiedergebe und möge mir daher verzeihen, wenn der eine oder andere Abschnitt etwas gar langatmig geworden ist und die Budapest-Tagebücher sich über viele Einträge hinziehen. Ich glaube aber, dass es sich auszahlt, alles zu lesen …

Linz/Budapest, am 16. November 2007, von etwa 13:00 – 00:30 Uhr


Geliebtes Tagebuch,

unsere Reise nach Budapest war schon seit Monaten von langer Hand geplant und von uns sechs Gefährten bereits sehnlichst erwartet worden; Gefährte C1. drückte es, in der für ihn so typischen, wortkargen Art, prägnant aus : "Vorher is nix, nachher wird nix sein – es gibt nur Budapest." Am Plan standen also zweieinhalb planlose Tage nonstop Alkohol Kultur in der ungarischen Hauptstadt.

Freitag Mittag war es dann endlich so weit: Zusammen mit einer halbwarmen Palette Ottakringer Dosenbier (weil es billiger als die Konkurrenz ist) machten sich die fünf Gefährten F., C1., G., S., und meine Wenigkeit vom Linzer Hauptbahnhof in Richtung Budapester Keleti-Bahnhof auf. In Wien stieß dann Gefährte C2. zu unserer illustren Gruppe hinzu, der glücklicherweise eine Kokosnuss als Reiseproviant mit sich führte, denn vom mitgebrachten Bier waren nur mehr traurige Reste vorhanden (die Nuss wurde übrigens im Laufe der Bahnfahrt erfolgreich mit bloßen Händen geknackt und bot ein schmackhaftes, gesundes Mahl für alle Beteiligten). An der Grenze bekamen wir noch den gut gemeinten Ratschlag des österreichischen Schaffners: "Jetz reißts eich zam, die Ungarn schmeißen eich auße!" mit, dann hatten wir die Heimat endgültig im Rücken und blickten frohgemut nach vorne.

In Budapest fanden wir relativ (und überraschend, denn C1. hatte die Führung übernommen) schnell das Hotel, checkten rucki-zucki ein und machten uns dann gleich auf den Weg in die Innenstadt (es dürfte wohl so gegen 20 Uhr gewesen sein). An den ersten Bars gingen wir noch stolz vorbei, bald zogen uns aber die großen Schaufenster eines Grillrestaurants an und schnell hatte jeder sein Bier vor sich. Etwas weniger schnell merkten wir, dass wir in einem All-You-Can-Eat-And-Drink-Laden waren und uns schon eine Rechnung von 16 Euro pro Person aufgehalst hatten. Grundsätzlich wäre das ja nicht weiter tragisch, nur hatte kaum einer von uns Hunger, der Appetit auf Bier hielt sich wegen des Verzehrs obig erwähnter Palette auch in Grenzen und der ebenfalls im Preis inkludierte Wein kam, wie wir hinter der Bar erspähen konnten, aus dem Plastikkanister und war selten ekelhaft (die in Österreich erhältliche Zwei-Liter-Flasche für zwei Euro ist ein edler Tropfen gegen jenen Fusel). Exakt gleiches galt für den angebotenen Sangria, der entfernt nach Leber schmeckte.

Trotzdem hielten wir tapfer zwei Stunden in diesem Lokal durch, würgten ein Glas des grauenhaften Gesöffs nach dem anderen hinunter (wir verdünnten die Flüssigkeit mit Coke, was den Geschmack halbwegs erträglich machte) – zwischendurch schlief C1., der am schlimmsten zwischen den Ottakringer Dosenbieren gewütet hatte, mit dem Kopf auf dem Tisch den Schlaf der Gerechten. Als wir endlich genug hatten (soll heißen, sich unsere 16 Euro wenigstens ansatzweise rentiert hatten), ließen wir einen schönen Haufen Forinth zurück und machten uns weiter auf den Weg.

Nach langer Irrfahrt, während der C1. allmählich zurück zu seiner alten Form fand und jedes herumstehende Grüppchen in schönsten Mühlviertlerenglisch nach dem Weg in eine Bar, die er noch während der Bahnfahrt von einem Business-Ungarn mit Notebook erfragt hatte, erkundigte, entdeckten wir schließlich ein nettes kleines Pub mit ganz erträglichen Bierpreisen – anscheinend zu erträglich, denn F. schaffte es innerhalb kürzester Zeit, mir einen halben Liter Bier über T-Shirt, Weste, Hose und Schuhe zu schütten, was vorübergehend zu einer kleineren Missstimmung zwischen uns und einem längeren Aufenthalt in der Toilette bei den Papierhandtüchern für mich führte. Außerdem schloss das Pub viel zu früh und wir mussten noch immer durstig unseren Weg fortsetzen.

Ein Stückchen weiter, es wird wohl so gegen 0:30 Nachts gewesen sein, wurden wir auf offener Straße von einem der üblichen Touristenfänger angesprochen, der uns mit Gutscheinen lockte und den Weg in einen Nachtklub wies – die versprochenen Bierpreise schienen uns für ein solches Etablissement ganz akzeptabel, außerdem hatten wir schon gar keine Wahl mehr, denn F. und C1. waren bereits mit lautem Holladrio im vielfach mit Türstehern bestückten Klub verschwunden …

3 Gedanken zu „Die Budapest Tagebücher – 1: Die Gefährten“

  1. Danke für die tolle Reality-Soap! Immer dann wenns spannend ist muss man auf die nächste Folge hinfiebern…mein Tscheffe ist aH und meine Hauptaufgabe heute ist schön sein (darin bin ich natürlich Meisterin;) ich hätte massig Zeit (und Lust) zu lesen, aber nun werd ich endgültig ein paar Lausbubenstreiche von vor viiiielen Jahren lesen…

  2. Werden die Gefährten den Schaffner jemals wieder sehen?
    Warum wurde Sax (wirklich) mit Bier übergossen?
    Kommt der Name Budapest von Budan und Pest und
    war Chuck Norris auch nur 18 Stunden in Ungarn?

    Diese und mehr Fragen beantworten wir in der Ausgabe von „Die Budapest Tagebücher“.

  3. ORF Teletextseite 129
    Streikwelle in Ungarn (infolge der "Budapest Tagebücher")

    Dem Streik der Eisenbahner schlossen sich Gewerkschaften aus dem Gesundheits- und dem Bildungswesen sowie der Luftfahrt an.

    Am Abend ist eine Massenkundgebung vor dem Budapester Parlament geplant!

    (Wobei ich mir nicht sicher bin, ob Polizei und Sanitäter nicht doch schon bereits am Samstag letzter Woche in den Streik eingetreten sind …)

    wurde vieles erklären ….