Die Budapest-Tagebücher – 2: Im Sündenbabel

Im Folgenden erzähle ich detailliert die Erlebnisse meiner, oder besser unserer, Reise in die ungarische Hauptstadt, die nach nicht einmal 16 Stunden in Budapest abgebrochen werden musste. Der geneigte Leser kann versichert sein, dass ich alle Vorkommnisse wahrheitsgetreu wiedergebe und möge mir daher verzeihen, wenn der eine oder andere Abschnitt etwas gar langatmig geworden ist und die Budapest-Tagebücher sich über viele Einträge hinziehen. Ich glaube aber, dass es sich auszahlt, alles zu lesen …

Budapest, am 17. November 2007, von etwa 00:30 – 01:00 Uhr


Geliebtes Tagebuch,

zögerlich betraten die übrigen drei Gefährten und ich den Nachtklub. F. und C1. waren ja bereits, du erinnerst dich, mein geiles kleines Tagebuch, einige Minuten vorher ohne lange zu fackeln und unter Johlen im Inneren verschwunden. Folgendes Zitat, das unsere damaligen Gefühle sehr gut ausdrückt, soll dabei Gerüchten zu Folge gefallen sein: "I hab Angst, aber i bin scharf."

Wir stolperten also ängstlich aneinandergedrückt durch den streng bewachten Eingang und in Folge eine enge Wendeltreppe hinunter. Keiner wusste, was ihn erwarten würde – wir erhofften uns ein Etablissement nach amerikanischem Vorbild, wo in der Mitte die Show abgeht und man am äußeren Rand schön mit seinem Bier in Ruhe gelassen wird. Pustekuchen: Unten erblickten wir einen länglichen Raum mit runden Sofabänken und Tischen an den Wänden, über die erheblich mehr Frauen als männliche Gäste verstreut waren. In einem dieser Sofas lümmelten bereits F. und C1. wie die Paschas – beide mit einem Getränk in der einen Hand, einer Zigarette in der anderen und einem halbnackten Häschen auf dem Schoß.

Sofort wollten wir diese Brutstätte der Lüste wieder verlassen, da sich aber niemand den ersten Schritt zu machen traute, setzten wir vier uns an jenen Tisch, der den zwei Paschas am nächsten war und rückten möglichst eng zusammen, damit uns keine Damen an die Pelle rücken konnten. Ein untersetzter, muskelbepackter Herr im weißen Hemd und mit schwarzer Krawatte nahm unsere Bestellung entgegen (vier Bier, zu etwa sechs Euro das Stück). Furchtsam blickten wir uns mit kläglichen "Oida-Wo-Sind-Wir-Da-Gelandet"-Blicken an, während sich am Sofa neben uns erwähnte Häschen an F. und C1. rieben.

Wir hatten noch keinen Schluck aus unseren Bieren genommen, als plötzlich vier bisher versteckte Damen, die eine halbnackter als die andere, an unserem Tisch auftauchten. Voller Angst wollten wir endgültig diesem Sündenpfuhl entfleuchen, wurden aber von den Mädchen gehindert, denn diese saßen, obwohl wir alle so extra eng zusammengerückt waren, bereits auf unseren Knien. Jede hatte ihre eigene Flasche Wein mitgebracht sowie eine Dose Red Bull mit Strohhalm. Schön langsam schwante uns, finanziell gesehen, Übelstes, aber nur Gefährte C2. hatte den Mut, seine Dame von sich zu weisen. Das nützte übrigens nicht viel, denn eine andere nahm sofort den Platz ein und den Ersatz ihres Platzes zu verweisen wagte auch C2. nicht mehr.

Angespannt saßen wir also da, während die Damen versuchten, Konversation mit uns zu machen ("How old are you?", "Where you from?") – schnell erlagen wir der trügerischen Hoffnung, dass sie von alleine wieder gehen würden, wenn wir kein Interesse zeigten. Falsch gehofft, denn wie auf ein Stichwort entledigten sich unsere Begleiterinnen plötzlich ihrer winzigen Oberteile und fingen an, vor und auf uns zu tanzen und uns ausführlich ihre Goldstücke zu zeigen. Ich für meinen Teil hatte viel zu viel Angst und Respekt vor dem weiblichen Geschlecht, um die dargebotene Show genießen zu können, konnte aber trotzdem erkennen, dass ich Glück mit meinem Mädchen hatte – das neben mir und auf S. hatte mindestens sieben Lenze mehr auf dem Buckel – man muss aber auf jeden Fall zugeben, dass wir offensichtlich in einem der besseren Klubs gelandet sein mussten, denn jede der Damen war sehr hübsch und in Topform.

Irgendwann wurden unsere stummen Stoßgebete erhört, die Oberteile wurden wieder angebracht und die Damen ließen sich erneut auf unseren Knien nieder. In Gedanken versuchte ich, die Rechnung für dieses kurze Vergnügen (wir waren wohl noch keine fünfzehn Minuten im Etablissement) zu überschlagen, scheiterte aber kläglich. Ähnlich musste es C1. gegangen sein, dessen Tittentanz früher zu Ende gegangen war und der sich schon wieder Richtung Ausgang aufgemacht hatte. Vollkommen aufgelöst kam er zurückgestolpert und flüsterte mir etwas ins Ohr, was ich nicht verstand; ich erkannte aber das blanke Entsetzen in seinen Augen. Mittlerweile hatte ich mich aber an das hübsche Mädchen auf meinem Schoß gewöhnt und plauderte ein bisschen belangloses Zeug mit ihr (sie sprach ganz gutes Englisch). Sie fütterte mich außerdem fürsorglich mit meinem Bier und ihrem Wein, von dem sie auch selber ab und zu ein Schlückchen nahm – meinem Adlerauge entging aber nicht, dass sie ihre Schlückchen über den Strohhalm zurück in ihre Red Bull Dose beförderte – kein Alkohol im Dienst anscheinend. Nach einigen netten Minuten bat ich sie schließlich, von mir aufzustehen, denn mittlerweile waren F. und C1. aus dem Lokal verschwunden und auch die restlichen drei Gefährten standen bereits am Ausgang und schienen mit den Türstehern in eine erregte Diskussion verwickelt zu sein …

7 Gedanken zu „Die Budapest-Tagebücher – 2: Im Sündenbabel“

  1. Also irgendwie versteh ich das net. Die trinken Wein und tun dann so, als ob sie gleich drauf ein RedBull trinken und spucken des dann in die RedBull-Dose?

  2. ist diese art und weise "mitzutrinken" nicht branchenüblich.. also auch bei "normalen" kellnerinnen? =)
    hihi. da fällt mir ein.. wie das am besten trainiert wird, wird ja sogar bei coyote ugly gezeigt, nur sinds halt da bierflaschen…

  3. ich hab in Polen meinen Wodka zweimal hinter mich gekippt (zum Zwecke, dass ich nicht umkippe), leider ist es dann doch aufgefallen und der Pole fragte mich dann: Aaaahh you don´t like wodka? Woraufhin ich nur geantwortet habe, dass ich nach dem 10 Wodka ex mit Bier zum Nachtrinken (mein Versuch "echte" Mischgetränke zu bestellen scheiterte schon ganz am Anfang, auf mein Betteln nach Orangensaft bekam ich ein sechzehntel Osaft..), seither bin ich Profi im "Businessschnapstrinken"…