Was bekommt man eigentlich zu lesen?

Nachdem ORF.at zunehmend dazu übergegangen ist, anstatt vernünftiger Nachrichten hauptsächlich solche zu veröffentlichen, die sich mit einem ansprechenden Bildchen verzieren lassen (siehe rechts), habe ich mich schon vor geraumer Zeit nach einem alternativen Anbieter zur täglichen Versorgung mit aktuellen Meldungen umgesehen.

Nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen benutze ich nun Google News. Die Übersichtlichkeit ist dort zwar auch nicht so wahnsinnig gut, aber zumindest bekommt man Nachrichten aus verschiedensten Quellen mit verschiedensten Schreibstilen und Designs präsentiert, was das Ganze etwas abwechslungsreicher macht.

Dabei ist mir auch etwas Interessantes aufgefallen: Google News bezieht und gruppiert ja vollautomatisch Nachrichten aus Hunderten verschiedenen Quellen und ich vermute jetzt einmal, dass jene News, die am häufigsten vorkommen und über die am meisten geschrieben wird, gezeigt werden – was ja nach bestem „demokratischen“ Prinzip ein ganz akzeptables Ergebnis bringen sollte.

Tut es auch – zwar ändert sich im Laufe eines Tages auf der News-Seite nur relativ wenig, aber das ist ja nichts Schlechtes (außer einem ist grad besonders langweilig). Das Interessante Verstörende daran ist aber der direkte Vergleich: Auf ORF.at erscheinen fast nie Nachrichten (zumindest nicht prominent als Bild ganz oben), die Google News (und somit, man erinnert sich an das Demokratieprinzip, viele andere Medien) ganz nach oben reiht.

So scheint ORF.at fast ausschließlich über Skandale und diverse irrelevante Boulevardnachrichten zu schreiben, während mir über Google so packende Beiträge wie jener über Nacktflieger zum FKK Strand einfach entgehen. Auch von diesem überhypten Mini-Börsencrash letzte Woche habe ich auf Google News nichts erfahren (sondern direkt in meinem Aktiendepot abgelesen), dafür aber sofort über den Milliardenverlust bei Societe General (ich weiß nicht auswendig, wohin die Akzente gehören, man verzeihe mir also meine eingedeutschte Schreibweise des französischen Firmennamens). Mein Fazit: ORF.at ist hin und wieder etwas unterhaltsamer zu lesen, Google News ist aber als Newsprovider für den interessierten Zeitgenossen, der harte Fakten und gut fundierte Informationen will, eindeutig die bessere Wahl. Wobei das im Vergleich zu ORF.at wohl kaum ein Newsportal nicht behaupten kann.

Nachdenklich hat mich auch gestimmt, wie eingeschränkt die Weltsicht eigentlich ist, wenn man sich auf einen einzelnen Newsanbieter verlässt – das ist mir noch nie so direkt bewusst geworden wie die letzten Wochen. Man erfährt tatsächlich nur die Dinge, die dem Redakteur genehm sind, in der Form, wie er es für richtig hält – und sonst nichts.

7 Gedanken zu „Was bekommt man eigentlich zu lesen?“

  1. Von der Erkenntnis, dass einzelne Nachrichtenquellen schon durch die Auswahl der veröffentlichten Nachrichten manipulieren, zu der Erkenntnis, dass auch die Summe der Mainstreamnachrichtenquellen ein verzerrtes und gefiltertes Bild malt, weil die eh alle voneinander (und von dem zur Verfügung gestellten PR-Material) abschreiben, ist es nur noch ein kleiner Schritt. Hab Mut, wage ihn.

  2. Marc: Alternativen?

    Wobei „Alternativnachrichtenquellen“ (als Gegenpol zu deinen Mainstreamnachrichtenquellen) wohl genauso gefiltert (manipuliert ist ein zu hartes Wort) sind …

  3. Der Standard?!

    Das ist so ziemlich das schlechteste Blatt, das mir einfällt. Wenn ich billige linke Parolen auf einer selten unübersichtlichen Oberfläche lesen will, kann ich gleich die kommunistische Parteizeitung lesen …

  4. Kommunistische Parteizeitungen waren eigentlich immer sehr leicht zu verstehen.
    Ok, ich gebs zu, die Prawda war aufgrund ihrer Schrift für mich etwas unübersichtlich, aber nachdem ich kyrillisch gelernt hatte, war auch dieses Niveaublatt sehr informativ.
    Was ist eigentlich das Gegenteil von billiger linker Parole? Teure linke Parole? Vielleicht gibt’s die doch irgendwo?
    Und haltet mir die Linken in Ehren, es gibt ohnehin schon bald keine mehr!