Ulrich und das Forestglade

Ein kurzer Einschub aus aktuellem Anlass: Die ÖH vergibt Freikarten zum Forestglade Festival an Einsender einer Kurzgeschichte über Festivals, die etliche zusammenhanglose Wörter enthalten muss – einer Herausforderung, der ich mich auf Bitten von CG nach dreieinhalb Post-Klausur-Sassi-Bieren gestellt habe:

Rosemarie ist das, was man gemeinhin als Festival-Freak bezeichnet – Woodstock, Summerfest, Rock am Ring, Noppenair, die Geburtstagsfeier meiner Oma letzten Sonntag, sie war dabei. Kein Wunder also, dass Ulrich, wie sie (Rosemarie, nicht meine Oma) liebevoll von ihren vier Freunden genannt wird, das Modell eines perfekten Campers und fantastischen Moshpit-Gladiators darstellt. Im Notfall kann sich Ulrich tagelang allein von Dosenbier und Moosbeeren ernähren, findet immer den besten Weg, um durch scheinbar undurchdringliche Armeen von weniger erfahrenen Fans nach ganz vorne an die Bühne zu kommen oder verkraftet problemlos auch stundenlang das zusammenhanglose, sich stetig im Kreise drehende Altweibergeschwätz anderer, im Normalfall stark narkotisierter Festival-Veteranen.

Dabei macht Ulrich das nicht aus Jux und Tollerei. Ihre exzessive Festival-Sucht mag für den oberflächlichen Außenstehenden nach der Spinnerei einer vergnügungssüchtigen, verwöhnten Göre aussehen – weit gefehlt. Ulrich wird allein von ihrem Glauben an eine bessere, eine zufriedenere Menschheit getrieben. Einer Menschheit, in der sich alle gern haben. Alle wirklich gleich sind. Alle den identen, stechenden Geruch ungewaschener Körper verströmen. Einer Gesellschaft, in der weder Gesicht noch Beine rasiert werden – von Achselhöhlen und Intimbereichen ganz zu schweigen. Einer, in der man nicht gehetzt per Düsenflugzeug zum nächsten Termin ans andere Ende der Welt jetten muss, nur um zu merken, dass man die Zahnbürste hat daheim liegen lassen. Ulrich wünscht sich in ihrem kleinen Herzen nichts sehnlicher, als eine neue Welt, in der die Menschen von alleine ihren Verstand behalten, statt die letzten Reste in wöchentlichen Therapiesitzungen zusammenkratzen zu müssen. Ulrich lebt einen Traum, den sie, trotz ihres stolzen Alters von 88 Jahren, bis jetzt nur auf Festivals erleben durfte. Für diesen Traum hat sie alles aufgegeben: Hygiene, vernünftige Ernährung, Tinnitus-freies Hören – und hat es nie auch nur eine Sekunde bereut. Erwähnte oberflächliche Außenstehende mögen darüber den Kopf schütteln, aber Ulrich ist uneingeschränkt glücklich. Und wer kann das schon von sich behaupten?

2 Gedanken zu „Ulrich und das Forestglade“

  1. Hm, scheint also ob ich zu betrunken oder zu nüchtern – ist Montag Mittag immer schwer zu sagen – für diese Geschichte bin. Irgendwie erschließt sich mir der Sinn, falls vorhanden, sowas von gar nicht!
    Hauptsache Wörter!