Eine Liebesgeschichte (3)

Lang, lang, lang hat es gedauert, ich habe aber nicht vergessen und reiche nun endlich den aufregenden dritten Teil der Liebesgeschichte nach. Nachdem sich sicher keiner mehr erinnern kann, gibt es den ersten und zweiten Teil nachzulesen.

Es war die beste Nacht in Josefs Leben. Als Resi und er engumschlungen zum ersten Krähen des Hofhahns aufwachten, schien es auch der beste Morgen in Josefs Leben zu werden, denn das liebeshungrige Mädl schien sofort dort weiter machen zu wollen, wo sie letzte Nacht aufgehört hatte.

Das junge Glück hielt aber nicht lange, denn in dem Moment, als Josef sich zufrieden zurücklehnte um sich verwöhnen zu lassen, erschien Karl mit einer Heugabel am -stadl. Normalerweise würde sich der wohlhabende Gutsbesitzer nie herablassen und eigenhändig die Kühe versorgen, an genau diesem Morgen aber war keiner der anderen Knechte wachzukriegen – so musste Karl die JVP und deren kompetitiv bepreisten Most verfluchen und selber anpacken. Er traute seinen Augen nicht, als er seine Magd, deren Hüften er ja selbst gern an seiner Seite oder zumindest in seinem Schlafzimmer hätte, auf seinem Heustadl und dem ungewaschenen, muskulösen, gebräunten Körper eines gemeinen Knechts liegen sah.

Mit einem Wutschrei stürzte sich Karl, die Heugabel zum Angriff erhoben, auf das erschrockene, splitternackte Pärchen. Resi schrie angsterfüllt auf, wusste jedoch nicht so recht, ob sie ihre Blößen bedecken oder sich zwischen Karl und ihren fähigen Liebhaber stellen sollte. Sie entschied sich für die Blößen, woraufhin Josef nichts anderes übrig blieb, als schnell seine Lederhosn aufzuraffen, ein paar verirrte Strohhalme, die ihn schon die ganze Nacht gestört hatten, aus Körperritzen zu zupfen und sofort Reißaus zu nehmen.

Karl, dessen Wut etwas durch die eine oder andere sehenswerte Blöße abgelenkt wurde, schien nicht so recht zu wissen, wie er reagieren sollte. Resi schaffte es aber in Windeseile, sich zumindest notdürftig mit ihrem hautengen Dirndl, dem durch die stürmische Nacht bereits ein paar Knöpfe von tragender Bedeutung abhanden gekommen waren, zu bedecken. Das verstärkte Karls Wut spürbar und er folgte, noch immer mit der Heugabel bewaffnet, dem flüchtenden Josef.

Durch die aus Zeitnot verständlicherweise erst halb hochgezogene Lederhosn war Josef in seinem Lauf spürbar gehemmt, so dass Karl ihn schon nach ein paar hundert Metern überstürzter Flucht einholte, just als Josef auf eine hohe Klippe an der steilen, felsigen Mühlviertler Küste geklettert war. Vor ihm die gurgelnde Brandung des Ozeans, hinter ihm der hasserfüllte Karl – Josef blieb nichts anderes übrig, als seine Hände von der rutschenden Lederhosn zu nehmen und sich dem Kampf zu stellen. Angesichts der überlegenen Bewaffnung versuchte er verzweifelt, seinen Angreifer zu beschwichtigen: „He Oida, Bro’s before Ho’s! Es san nu vü Fischal im Teich, und so gut woa’s donn a wieder ned.“ Karl ließ sich von dieser offensichtlichen Lüge aber nicht aus dem Konzept bringen, denn selbst im Angesicht der drohenden, heugabelförmigen Gefahr grinste Josef grundzufrieden über das ganze Gesicht, und auch die Beißmale auf seinen Schenkeln, die dank der fehlenden Hose gut sichtbar waren, sprachen eine eindeutige Sprache.

„I stich di o, du Sau, wia a Sau“, brüllte Karl und stürzte sich auf Josef. Er unterschätzte aber die von der salzigen Gischt glitschig gemachten Felsen, verlor Halt inklusive Gleichgewicht und stolperte grotesk langsam wie in Zeitlupe über den Klippenrand. Geistesgegenwärtig warf Josef sich auf den Bauch und schaffte es in letzter Sekunde, eine Hand Karls zu packen. Die mittlerweile losgelassene Heugabel überschlug sich mehrmals, bevor sie mit einer beeindruckenden Explosion für immer im Meer verschwand. Josef ließ nicht locker und schaffte es, trainiert durch Jahre harter Arbeit am Kartoffelfeld, seinen Erzfeind in Sicherheit zu ziehen.

Völlig außer Atem lagen die beiden erschöpft auf der Klippe, bis Karl endlich die richtigen Worte fand: „Du dreckiga ungwoschana Seampö host mi aufazaht, und des obwoi i ka Sekunde zögert hätt und dich dastochn hätt wia a Sau.“ Er rappelte sich schwer atmend auf und reichte Josef die Hand, um auch ihm aufzuhelfen.

Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt: Karl gab Josef und Resi seinen Segen. Nach dem Debakel mit der verlustig gegangenen Heugabel musste er außerdem zugeben, dass das Leben als Bauer und Gutsherr nicht so recht seinen Fähigkeiten und Interessen entsprach. Er ging zurück in die Stadt, wo er mithilfe seines Doppelmagisters auch schnell eine Praktikantenstelle als Marketingjuniorassistent (m/w) bekam. Sicher, die Bezahlung war schlecht und die Arbeit hart und eintönig, aber immerhin musste er sich nicht mehr mit zu hübschen Mägden, liebestollen Knechten und Heugabeln herumschlagen. Bevor Karl das Dorf für immer verließ, zeigte er sich ein letztes Mal großmütig und überschrieb dem jungen Liebespaar seinen Gutshof.

Von der darauffolgenden Hochzeit sprach das Dorf noch viele Jahre. Josef erinnerte sich gut an die erste Nacht mit Resi, und wie es dazu gekommen war und bewirtete das Dorf mit ungezählten Fässern JVP-Mosts. Noch Tage später fand man vereinzelt Pärchen auf Heustadln, in Hühnerställen und Strohhaufen, es gab auch einige durch Heugabeln bedingte Opfer zu beklagen. Nur Josef und Resi waren nicht mehr am Heustadl – die durften endlich das gemeinsame Schlafzimmer beziehen.

Wenn wir es recht überdenken, so stecken wir doch alle nackt in unsern Kleidern

Es folgt ein Beitrag auf Zuruf mit vorgegebenem Thema, der (hoffentlich?) seiner Print-Veröffentlichung harrt. Und weil ich ein, Zitat, „Faulbär“ bin, tu ich das Teil auch gleich mal hier recyceln. So wie den Titel von Heine.

Glaubt man amerikanischen College-Filmchen kann man aus der Kleidung und dem Auftreten von Studenten direkt auf den dazugehörigen Studiengang schließen: BWLerinnen und Juristen souverän im adretten Businesskostüm, Pädagogen stürzen gestresst im Kord-Sakko mit Lederflicken am Ellbogen durch die Gänge, Mathematikerinnen gedankenverloren vollständig ausgestattet mit Sandalen und Tennissocken und Informatiker in T-Shirts mit für Außenstehende unverständlichen Aufdrucken.

Wenn es nur so einfach wäre. Heutzutage, in Zeiten von Gleichberechtigung, Emanzipation und interdisziplinärer Zusammenarbeit kommt man plötzlich mit den jahrhundertelang erprobten Schubladen nicht mehr weiter. Da wird man doch tatsächlich im Techniker-Hörsaal des einen oder anderen Softwareentwicklers im schwarzen Anzug mit Raiffeisenbank-Dachgiebel-Anstecker am Revers ansichtig. Oder einer Medienjuristin in einer fleckigen Weste aus der Zwischenkriegszeit. Und man hat sogar schon von Wirtschaftswissenschaftlerinnen, Schwerpunkt Marketing gehört, die sich nicht automatisch in jeder Pause den Lippenstift nachziehen.

Offenbar ist die einfache, übersichtliche Zeit der Studentenklischees vorbei. Statt lang erprobter, oberflächlicher Zuschreibungen und Grüppchenbildungen sind wir doch tatsächlich schon so weit gekommen, dass man aus einem Gespräch mehr vom Gegenüber erfährt als von einem flüchtigen Blick im Vorübergehen. Zweifellos eine der direkten, negativen Folgen von Sparpaket, Studiengebühren und Abbau von Forschungsförderungen.

Zumindest der elitären Klasse der Laborstudenten konnte man ihre Uniform noch nicht ganz nehmen. Das ist gut so, denn mal ehrlich: Gibt es etwas Ehrfurchtgebietenderes als überdimensionierte Schutzbrillen und Birkenstocks, die unter einem langen weißen Laborkittel hervorlugen? Und, aber da komme ich in meinen Gedanken schon leicht vom Thema ab, etwas reizvolleres, aufregenderes, gefährlicheres als diese atemberaubend schönen Laborantinnen in ihren High Heels und blendend weißen Wämsen …

Ich kauf‘ mir eine Frau

Bevor ich mir den Kopf über den fulminanten Abschluss der wahren Hitler-Tagebücher zerbreche, noch spontan zwischendurch ein todernster Beitrag über gekaufte Frauen. Die Argumentation deckt sich teilweise mit einem früheren Beitrag, das macht aber nichts, denn ich werde alt und mir gehen die Ideen und Thesen aus.

Ich meine natürlich nicht die schnelle Zwischenmahlzeit in Form einer Prostituierten, sondern jene Frauen, die dieser Tage durch ATVs Geschäft mit der Liebe auch bei der breiten, Kronenzeitung lesenden Masse hoffähig werden: Damen aus schlechter gestellten Ländern, die sich für ein besseres Leben bereit erklären, einen Fremden zu ehelichen.

Wie ich zur Prostitution stehe, ist kein Geheimnis, ich finde aber auch diese so genannten Mailorder-Brides durchaus einen Gedanken wert. Ich seh das nämlich als Win-Win-Situation: Der österreichische Mann, meist schon im oder jenseits des besten Alters bekommt endlich eine Frau; und die Frau bekommt ein (materiell?) spürbar besseres Leben in einem wohlhabenden Land.

„Ha“, sagt jetzt der skeptische Zeitgenosse, „du sagst es ja selber, da geht’s nur ums Geld. Damit kann doch keine Frau zufrieden sein?“. „Ha“, sag ich dann, „ich hab da total absichtlich ein Fragezeichen rein gemacht.“ Denn ich glaube, ganz ehrlich gesagt, dass zwischen einer gekauften, einer arrangierten und einer Regenbogen-Glücksbärchi-Liebeshochzeit gar kein großer Unterschied ist – langfristig gesehen.

Nämlich aus zwei Gründen: Selbst nach der größten Glücksbärchi-Hochzeit kehrt irgendwann – meist früher als erwartet – der grausame Alltag ein. Der besteht halt dann doch hauptsächlich aus gemeinsam Essen (wenn überhaupt), gemeinsam Fernsehen (wo immer mindestens ein(e) Beteiligte(r) unzufrieden ist) und halbmechanischem Beischlaf (wenn überhaupt).

Und im Gegensatz bin ich überzeugt davon, dass gegenseitige respektvolle, liebevolle Behandlung, auch zwischen zwei anfangs Fremden, mit der Zeit mehr oder weniger zwangsläufig zu tiefgreifender Zuneigung, vielleicht sogar Liebe, führen kann; natürlich nicht von der vom Bravo propagierten rosarote-Brille-auf-den-ersten-Blick-Liebe, sondern bodenständiger, pragmatischer. Ich kenne konkrete Fälle, wo es genau so und gut verlaufen ist beziehungsweise noch verläuft (zugegeben, als Außenstehender sehe ich natürlich nicht alles).

Damit wir uns klar verstehen – ich glaube nicht an eine automatisch lieblose, kalte Ehe (oder langfristige Beziehung, man muss ja nicht immer gleich heiraten wollen) – ganz im Gegenteil, es gibt ja genug Gegenbeispiele. Ich glaube aber, dass sich alle Beziehungen, egal wie sie begonnen haben, mit der Zeit angleichen; sowohl was die guten Elemente betrifft, als auch was die schlechten betrifft. Und in diesem Blickwinkel betrachtet, schaut eine gekaufte Braut gleich gar nicht mehr so schlecht aus; grade und vor allem wenn die Sache aus einem Blickwinkel der Effizienz betrachtet. Und insgesamt günstiger kommt sie vermutlich auch.