Projekttagebuch: Schikanen

Projektleiterin Wolf ist der Antichrist.
Zu dieser Feststellung bin ich ja schon früher gekommen, sie hat sich aber heute einmal mehr bewiesen. So wankte eben Kollege Schweighofer in mein Zimmer, vollkommen aufgelöst, am ganzen Körper zitternd und stocknüchtern. Ich nahm ihn vorsichtig bei der Hand, führte ihn ins Zimmer wo er sich prompt in Phötusstellung auf den Boden legte. Ich musste mehrere Minuten beruhigend auf ihn einreden bis er mir Folgendes schilderte:

Es mag ungefähr zwei Monate her sein; es war ein Abend wie jeder andere: Gegen 23:00 ließ ich mich in meinem Lieblingslehnstuhl nieder um bei einem Gläschen Portwein die Times zu lesen. Plötzlich erklang vor meinem Anwesen ein lautes Hupen, das auch nach längerem Ignorieren meinerseits nicht aufhören wollte. So blickte ich aus dem Fenster und ward sofort eines indisch-stämmigen Taxifahrers gewahr, der in einem wütenden Redeschwall von mir wissen wollte, warum ich denn ein Taxi bestellte, wenn ich es nicht zu benutzen gedenke. Das Seltsame daran war, dass ich keinerlei Fahrgelegenheit geordert hatte. Aber wer misstraut schon einem Telefonanruf, der ein Taxi zu einer Adresse bestellt? Niemand! Und daran konnte auch das gute Dutzend indischer Taxler nichts ändern, dass bald darauf erbost hupend vor meinem Hause stand.

So begannen die schlimmste Zeit meines Lebens. Irgendjemand, es wird wohl die bösartige Wolf sein, die einen tiefgründenden Hass auf alles Lebende haben muss, macht mein Leben zur Hölle. Dieser Abend war nur der Anfang. Seitdem werde ich mehrmals in der Woche von Indern geweckt. In meinem Namen werden Bücher, CD’s, Autos und Frauen bestellt. Schon mehrmals wurde meine Todesanzeige veröffentlicht. Der Schule wurde mitgeteilt, dass ich zu exmatrikulieren gedenke, weil ich in einem tibetanischen Kloster das Kamasutra auswendig lernen wolle. Täglich klopfen Anhänger der Zeugen Jehovas, weil Wolf in meinem Namen kleinere Spenden an die Sekte gehen lässt, und um nähere Informationen betet. Ich bin anscheinend der kommunistischen Partei beigetreten, während ich gleichzeitig Todesdrohungen an verschiedene italienische und russische Mafiapaten verschicke. Die Polizei ist Dauergast bei mir, weil ich in Zeitungsanzeigen nach Kokain, Koreanerinen und Kinderpornos suche, manchmal auch gleichzeitig. Mehrmals wurde mir bereits das Wasser oder der Strom gesperrt, weil ich brieflich meinen Umzug nach Afganistan angekündigt hatte.Vom Finanzamt, der Militärpolizei und den verschiedenen Schlägertrupps ganz zu schweigen.

Alles was über Telefon oder per Post zu erledigen ist, hat die teuflische Projektleiterin bereits gegen mich eingesetzt. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich noch tun soll, sie treibt mich langsam in den Wahnsinn. Diese Frau findet wohl diabolische Freude daran, mich zu quälen und mein Leben zur Hölle zu machen. Sie …

Ich glaube, er wollte noch mehr erzählen, aber er brach in Tränen aus und Rotz und Wasser versaute meinen Teppich. So hatte ich endgültig genug von diesem tränennassen zuckenden Bündel auf meinem Boden. Ich schleifte ihn aus meinem Zimmer, schüttelte etwas peinlich berührt den Kopf über eine solche Weinerlich- und Unmännlichkeit und gab ihm noch einen Fußtritt auf den Weg mit. Ein bisschen Druck im Leben und schon klappt er zusammen.
Oh, liebes Tagebuch, ich muss schließen, eben hat es vor dem Haus gehupt. Wer das wohl sein wird …