Heute war das erste Mal …

… an dem ich zusammen mit einer Zeugin Jehovas und ihrem Wachturm einige Zeit zwischen Tür und Angel abgehangen bin und (zumindest fast) eine lebhafte Diskussion geführt habe.

Spitzbübisch hat sich die die ältere Dame (ich würde sie auf etwa 55 Jahre schätzen) ziemlich genau jene Zeit ausgesucht, an dem auch die lokale Postlerin ihren täglichen Verpflichtungen in unserem Hause nach geht (da ich um die Zeit meist der einzige in der WG bin, nehme ich oft diverse Päckchen und andere eingeschriebene Sendungen entgegen). So hab ich in Erwartung der Post die Tür nach einmaligen Läuten geöffnet, war wenige Bruchteile einer Sekunde verwirrt ("Hmm, sollte ich die kennen?" – mein miserables Personengedächtnis hat mich schon zu oft in die Irre geführt als dass ich ihm noch trauen würde) und dann, als ich den Wachturm erblickte, angeekelt.

Die geübte Zeugin entlarvte mich in den gleichen Sekundenbruchteilen als eingefleischten Technokraten und hatte dem entsprechend ein passendes Sprüchlein parat: "Die Existenz des Lebens selbst ist der Beweis, dass der Schöpfer existiert; die Erde ist in perfekter Entfernung zur Sonne, ein bisschen weiter weg oder ein bisschen näher und …" Freundlich aber bestimmt unterbrach ich sie und teilte ihr mit, dass es keinen Sinn habe, weiter mit mir über dieses Thema zu sprechen. Mir kam es vor, als wäre sie kurz überrascht, dass ich nicht gleich die Tür zugeworfen hatte, fing sich aber sofort wieder, probierte es erneut und wedelte aufgeregt mit dem Wachturm während die Worte nur so aus ihr heraus sprudelten: "Wie erklären Sie sich, dass auf der Erde genau die Bedingungen herrschen, die Leben ermöglichen; die Entfernung zur Sonne ist ja …".

Erneut unterbrach ich ihren Redefluss und warf ein: "Das Universum ist so unvorstellbar groß, da wäre eher das genaue Gegenteil ein Wunder, wenn nirgendwo ein Himmelskörper zufällig genau in der optimalen Entfernung wäre.". Unbeirrbar in ihrem Glauben und Tun (übrigens ein Grund, warum ich die Zeugen Jehovas etwas bewundere) fuhr sie fort und wollte mir etwas über die Entstehung des Universums und warum es gerade so groß und herrlich ist, erzählen. Ich hatte jedoch schon die Nase voll, winkte ab und versuchte erneut, sie von der Sinnlosigkeit ihres Tuns zu überzeugen.

Und jetzt kam das eigentlich Interessante: Die ältliche Zeugin Jehovas blickte mich noch einmal an, meinte dann "Das ist schade", verabschiedete sich und ging! Ehrlich überrascht über diese unerwartete Wendung brachte ich gerade noch ein "Auf Wiedersehen" hervor und schloss perplex die Tür. Gibt es eine neue Zeugen-Jehovas-Doktrin, den Menschen nicht mehr wie bisher über Gebühr auf die Nerven zu gehen oder hatte ich zufällig eine erträgliche Missionarin erwischt?

5 Gedanken zu „Heute war das erste Mal …“

  1. ach, ich hab die freistädter exemplare eigentlich auch immer ganz gern gehabt. leider glauben sie aber seit einem etwas längerem gespräch, sie müssen den wachturm jedesmal extra ins postkastl schieben, wenn sie niemand antreffen – offensichtlich selten, dass jemand mit denen spricht und nicht gleich die tür zuknallt.

    wobei ichs bei dir aber fast frech find, in einem von einem orden(?) vermieteten haus auf seelenfang zu gehen 😉

  2. Hab mal in der Schule "gelernt" dass die Zeugen Jehovas, wenn du einmal nein gesagt hast, nicht mehr zu dir kommen dürfen. Wenn das so is hast du jetzt keine weiteren Besuche mehr zu befürchten.

  3. Irgendwie schade – ich hab nix gegen eine gepflegte Diskussion mit ein paar unbelehrbaren Fanatikern. Erinnert mich an meine Gespräche mit diversen Uni-Studenten ob FH oder Uni besser ist 😉

  4. Naja, die stehn eh auch auf der Landstrasse in Linz genug herum, mit Wachturm und Erwachet! (Allerdings nie auf deutsch, immer nur alle möglichen und unmöglichen anderen Sprachen)